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03.09.2003, 17:56
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# 1
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die offenherzige
Mitglied seit 01.02.2003
Beiträge: 5.677
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Lyrik - Poesie
Orpheus. Eurydike. Hermes
Das war der Seelen wunderliches Bergwerk.
Wie stille Silbererze gingen sie
als Adern durch sein Dunkel. Zwischen Wurzeln
entsprang das Blut, das fortgeht zu den Menschen,
und schwer wie Porphyr sah es aus im Dunkel.
Sonst war nichts Rotes.
Felsen waren da
und wesenlose Wälder. Brücken über Leeres
und jener große graue blinde Teich,
der über seinem fernen Grunde hing
wie Regenhimmel über einer Landschaft.
Und zwischen Wiesen, sanft und voller Langmut,
erschien des einen Weges blasser Streifen,
wie eine lange Bleiche hingelegt.
Und dieses einen Weges kamen sie.
Voran der schlanke Mann im blauen Mantel,
der stumm und ungeduldig vor sich aussah.
Ohne zu kauen fraß sein Schritt den Weg
in großen Bissen; seine Hände hingen
schwer und verschlossen aus dem Fall der Falten
und wußten nicht mehr von der leichten Leier,
die in die Linke eingewachsen war
wie Rosenranken in den Ast des Ölbaums.
Und seine Sinne waren wie entzweit:
indes der Blick ihm wie ein Hund vorauslief,
umkehrte, kam und immer wieder weit
und wartend an der nächsten Wendung stand, -
blieb sein Gehör wie ein Geruch zurück.
Manchmal erschien es ihm als reichte es
bis an das Gehen jener beiden andern,
die folgen sollten diesen ganzen Aufstieg.
Dann wieder wars nur seines Steigens Nachklang
und seines Mantels Wind was hinter ihm war.
Er aber sagte sich, sie kämen doch;
sagte es laut und hörte sich verhallen.
Sie kämen doch, nur wärens zwei
die furchtbar leise gingen. Dürfte er
sich einmal wenden (wäre das Zurückschaun
nicht die Zersetzung dieses ganzen Werkes,
das erst vollbracht wird), müßte er sie sehen,
die beiden Leisen, die ihm schweigend nachgehn:
Den Gott des Ganges und der weiten Botschaft,
die Reisehaube über hellen Augen,
den schlanken Stab hertragend vor dem Leibe
und flügelschlagend an den Fußgelenken;
und seiner linken Hand gegeben: sie.
Die So-geliebte, daß aus einer Leier
mehr Klage kam als je aus Klagefrauen;
daß eine Welt aus Klage ward, in der
alles noch einmal da war: Wald und Tal
und Weg und Ortschaft, Feld und Fluß und Tier;
und daß um diese Klage-Welt, ganz so
wie um die andre Erde, eine Sonne
und ein gestirnter stiller Himmel ging,
ein Klage-Himmel mit entstellten Sternen - :
Diese So-geliebte.
Sie aber ging an jenes Gottes Hand,
den Schrittbeschränkt von langen Leichenbändern,
unsicher, sanft und ohne Ungeduld.
Sie war in sich, wie Eine hoher Hoffnung,
und dachte nicht des Mannes, der voranging,
und nicht des Weges, der ins Leben aufstieg.
Sie war in sich. Und ihr Gestorbensein
erfüllte sie wie Fülle.
Wie eine Frucht von Süßigkeit und Dunkel,
so war sie voll von ihrem großen Tode,
der also neu war, daß sie nichts begriff.
Sie war in einem neuen Mädchentum
und unberührbar; ihr Geschlecht war zu
wie eine junge Blume gegen Abend,
und ihre Hände waren der Vermählung
so sehr entwöhnt, daß selbst des leichten Gottes
unendlich leise, leitende Berührung
sie kränkte wie zu sehr Vertraulichkeit.
Sie war schon nicht mehr diese blonde Frau,
die in des Dichters Liedern manchmal anklang,
nicht mehr des breiten Bettes Duft und Eiland
und jenes Mannes Eigentum nicht mehr.
Sie war schon aufgelöst wie langes Haar
und hingegeben wie gefallner Regen
und ausgeteilt wie hundertfacher Vorrat.
Sie war schon Wurzel.
Und als plötzlich jäh
der Gott sie anhielt und mit Schmerz im Ausruf
die Worte sprach: Er hat sich umgewendet -,
begriff sie nichts und sagte leise: Wer?
Fern aber, dunkel vor dem klaren Ausgang,
stand irgend jemand, dessen Angesicht
nicht zu erkennen war. Er stand und sah,
wie auf dem Streifen eines Wiesenpfades
mit trauervollem Blick der Gott der Botschaft
sich schweigend wandte, der Gestalt zu folgen,
die schon zurückging dieses selben Weges,
den Schritt beschränkt von langen Leichenbändern,
unsicher, sanft und ohne Ungeduld.
Aus: Neue Gedichte (1907)
Rainer Maria Rilke
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Neu!! Schau den Girls beim FICKEN zu...
kostenlos... LIVE...
w w w . l u s t h a u s . l i v e
KOMMENTARE und ANTWORTEN dazu...
04.09.2003, 20:15
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# 50
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die offenherzige
Mitglied seit 01.02.2003
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Hans Erich Blaich - "Dr. Owlglass", "Ratatöskr"
Lebenslauf eines Flaschenkorks
Wie schön ist's doch, ein Kork zu sein
auf einer Flasche Moselwein,
die, kellerdämmerungsumschummert,
auf ihrem Schragen liegt und schlummert.
Man wird vom Rebensaft bespült,
als dessen Torwart man sich führt,
und zieht daraus fast notgedrungen
erotoide Folgerungen,
die man indessen vor der Welt
verbirgt und für sich selbst behält.
Vor Liebchens Kammer hält man Wache.
Diskretion ist Ehrensache...
Und dann kommt so ein Menschenwicht
und schleppt die Flasche roh ans Licht,
stellt sie auf Eis, bis daß sie kühl,
und holt nun ohne Mitgefühl
den Pfropfenzieher aus der Schale,
rotiert die stählerne Spirale
dem armen Korken hinterwärts
und durch und durch bis tief ins Herz
und reißt ihn aus dem Liebeswahn
wie einen hohlen Backenzahn.
Uff ja - wie hat das weh getan!...
Dem M e n s c h e n nicht - im Gegenteile:
er füllt sein Glas in großer Eile,
die Zunge lechzt, die Nase wittert...
Der Kork ist tot und stark zerknittert.
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04.09.2003, 20:08
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# 49
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die offenherzige
Mitglied seit 01.02.2003
Beiträge: 5.677
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TODESFUGE
Schwarze Milch der Frühe
wir trinken sie abends wir trinken sie mittags und morgens
wir trinken sie nachts
wir trinken und trinken
wir schaufeln ein Grab
in den Lüften
da liegt man nicht eng
Ein Mann wohnt im Haus
der spielt mit den Schlangen
der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland
dein goldenes Haar Margarete
er schreibt es und tritt vor das Haus
und es blitzen die Sterne
er pfeift seine Rüden herbei
er pfeift seine Juden hervor
läßt schaufeln ein Grab in der Erde
er befiehlt uns
spielt nun zum Tanz
Schwarze Milch der Frühe
wir trinken dich nachts
wir trinken dich morgens und mittags
wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
Ein Mann wohnt im Haus
und spielt mit den Schlangen
der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland
dein goldenes Haar Margarete
Dein aschenes Haar Sulamith
wir schaufeln ein Grab in den Lüften
da liegt man nicht eng
Er ruft
stecht tiefer ins Erdreich
ihr einen
ihr anderen singet und spielt
er greift nach dem Eisen im Gurt
er schwingts
seine Augen sind blau
stecht tiefer die Spaten ihr einen
ihr andern spielt weiter zum Tanz auf
Schwarze Milch der Frühe
wir trinken dich nachts
wir trinken dich morgens und mittags
wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
ein Mann wohnt im Haus
dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith
er spielt mit den Schlangen
Er ruft
spielt süßer den Tod
der Tod ist ein Meister aus Deutschland
er ruft
streicht dunkler die Geigen
dann steigt ihr als Rauch in die Luft
dann habt ihr ein Grab in den Wolken
da liegt man nicht eng
Schwarze Milch der Frühe
wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags
der Tod ist ein Meister aus Deutschland
wir trinken dich abends und morgens
wir trinken und trinken
der Tod ist ein Meister aus Deutschland
sein Auge ist blau
er trifft dich mit bleierner Kugel
er trifft dich genau
ein Mann wohnt im Haus
dein goldenes Haar Margarete
er hetzt seine Rüden auf uns
er schenkt uns ein Grab in der Luft
er spielt mit den Schlangen und träumet
der Tod ist ein Meister aus Deutschland
dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith
Paul Celan, Todesfuge
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04.09.2003, 19:44
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# 48
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genannt der Unflat.
Mitglied seit 08.04.2002
Beiträge: 7.227
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MAD Heft
Bauernregel
Furtzt der Knecht an St.Johann,
fängt übern Tal die Schneeschmelz an.
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Wer hinter meinem Rücken über mich lästert, befindet sich in einer guten Position um mich mal dezent am Arsch zu lecken.
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04.09.2003, 18:38
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# 47
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die offenherzige
Mitglied seit 01.02.2003
Beiträge: 5.677
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Christian Morgenstern
Der Hecht
Ein Hecht, vom heiligen Antón
bekehrt, beschloß, samt Frau und Sohn,
am vegetarischen Gedanken
moralisch sich emporzuranken.
Er aß seit jenem nur noch dies:
Seegras, Seerose und Seegrieß.
Doch Grieß, Gras, Rose floß, o Graus,
entsetzlich wieder hinten aus.
Der ganze Teich ward angesteckt.
Fünfhundert Fische sind verreckt.
Doch Sankt Antón, gerufen eilig,
sprach nichts als: "Heilig! heilig! heilig!"
@ Hechti
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04.09.2003, 18:28
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# 46
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die offenherzige
Mitglied seit 01.02.2003
Beiträge: 5.677
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Bertolt Brecht
Der, den ich liebe ...
Der, den ich liebe
Hat mir gesagt
Daß er mich braucht.
Darum
Gebe ich auf mich acht
Sehe auf meinen Weg und
Fürchte von jedem Regentropfen
Daß er mich erschlagen könnte.
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04.09.2003, 18:24
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# 45
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die offenherzige
Mitglied seit 01.02.2003
Beiträge: 5.677
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August Ferdinand Bernhardi
Der Löwe in Florenz
"Der Löw’ ist los! Der Löw ist frei!
Die ehernen Bande riß er entzwei!-
Zurück, daß ihr den vergeblichen Mut
Nicht schrecklich büßet im eigenen Blut!"
Und jeder suchet mit scheuer Eil’
In des Hauses Innern Schutz und Heil;
Auf Markt und Straßen rund umher
Ward’s plötzlich still und menschenleer.
Ein Kindlein nur, sein unbewußt,
Verloren in des Spieles Lust,
Fern von der sorglichen Mutter Hand,
Saß auf dem Markt am Brunnenrand.
Wohl viele sahen von oben herab
Sie schauten geöffnet des Kindleins Grab;
Sie rangen die Hände und weinten sehr
Und blickten zagend nach Hilf’ umher.
Doch keiner wagt das eigene Leben
Um des fremden willen dahinzugeben;
Denn schon verkündet ein nahes Gebrüll
Das Verderben, das jegliches meiden will.
Und schon mit rollender Augen Glut
Erlechzt der Löwe des Kindleins Blut,
Ja, schon erhebt er die grimmige Klau'n
O qualvoll, herzzerreißend zu schau'n!
So rettet nichts das zarte Leben,
Dem gräßlichsten Tode dahingegeben?
Da plötzlich stürzt aus einem Haus
Mit fliegenden Haaren ein Weib heraus.
"Um Gottes Willen, o Weib, halt ein!
Willst du dich selbst dem Verderben weih'n?
Unglückliche Mutter, zurück den Schritt!
Du kannst nicht retten, du stirbst nur mit!"
Doch furchtlos fällt sie den Löwen an,
Und aus dem Rachen mit scharfem Zahn
Nimmt sie - das unversehrte Kind -
In ihren rettenden Arm geschwind.
Der Löwe stutzet, und unverweilt
Mit dem Kinde die Mutter von dannen eilt.
Da erkannte gerührt so jung wie alt
Des Mutterherzens Allgewalt
Und des Leuen großmütigen Sinn zugleich;
Doch manche Mutter von Schrecken bleich
Sprach still: "Um des eigenen Kindes Leben
Hätt’ ich auch meines dahingegeben."
@ Hecht
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04.09.2003, 18:14
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# 44
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Mitglied seit 22.01.2003
Beiträge: 10.620
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RAINER MARIA RILKE
Rose ...
Rose, du thronende, denen im Altertume
Warst du ein Kelch mit einfachem Rand.
Uns aber bist du die volle zahllose Blume,
Der unerschöpfliche Gegenstand.
In deinem Reichtum scheinst du wie Kleidung um Kleidung
Um einen Leib aus nichts als Glanz;
Aber dein einzelnes Blatt ist zugleich die Vermeidung
Und die Verleugnung jedes Gewands.
Seit Jahrhunderten ruft uns dein Duft
Seine süßesten Namen herüber;
Plötzlich liegt er wie Ruhm in der Luft.
Dennoch, wir wissen ihn nicht zu nennen, wir raten ...
Und Erinnerung geht zu ihm über,
Die wir von rufbaren stunden erbaten.
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04.09.2003, 18:09
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# 43
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die offenherzige
Mitglied seit 01.02.2003
Beiträge: 5.677
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Ferdinand Avenarius
Der goldene Tod
Kein Wind im Segel, die See liegt still –
Kein Fisch doch, der sich fangen will!
So ziehen die Netze sie wieder herein
Und murren, schelten und fluchen drein.
Da neben dem Kutter wird´s heller und licht
Wie weißliches Haar, wie ein Greisengesicht,
Und ein triefendes Haupt taucht auf aus der Flut:
„Ei, drollige Menschlein, ich mein´s mit euch gut –
Ich gönn euch von meiner Herde ja viel,
Doch heut ist mein Jüngster als Fisch beim Spiel.
Den musst´ ich doch hüten, ich alter Neck,
Drum jagt´ ich sie all miteinander weg –
Doch schickt ihr den Jungen mir wieder nach Haus,
So werft nur noch einmal das Fangzeug aus:
Der Schönste ist mein Söhnchen klein,
Das übrige mag euer eigen sein!“
Hei, flogen die Netze wieder in See!
Ho, kaum, dass ihr Lasten sie brachten zur Höh!
Wie lebende Wellen, so fort und fort
Von köstlichen Fischen, so quoll´s über Bord.
Und patscht und schnappt und zappelt und springt –
Und bei den Fischern, da tollt´s und singt.
Nun plötzlich blitzt es – seht: es rollt
Ein Fisch an Bord von lauterm Gold!
Eine jede Schuppe ein Goldessstück!
Wie edelsteinen, so funkelt´s im Blick!
Die Kiemen sind aus rotem Rubin,
Perlen die Flossen überziehn.
Mit eitel Demanten besetzt, so ruht
Auf seinem Häuptlein ein Krönchen gut,
Und fürnehm wispert´s vom Schnäuzlein her:
„Ich bin Prinz Neck, lasst mich ins Meer!“
Den Fang ins Meer? Sie rühren ihn an,
Die Fischer, und tasten und stieren ihn an.
„Lasst mich ins Meer!“ Sie hören nicht drauf.
„Lasst mich ins Meer!“ Sie lachen nur auf.
Sie wägen das goldene Prinzlein ab,
Sie schwärzen´s und klauben ihm Münzlein ab –
Wie wiegt das voll, wie gleißt das hold!
Sie denken nichts weiter – sie denken nur Gold.
Und seht: ein Goldschein überfliegt
Jetzt alles, was von Fisch da liegt,
Und wandelt´s, dass es klirrt und rollt.
Seht: all die Fische werden Gold!
Sinkt das Schiff von blitzender Last?
„Schaufelt, was die Schaufel fasst!“...
Wie lustiges Feuerwerk sprüht das umher –
Dann rauscht über allem zusammen das Meer.
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04.09.2003, 16:50
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# 42
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Realist
Mitglied seit 19.05.2003
Beiträge: 10.752
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Na da muss ich doch auch,den Autor dieses Werks dürft ihr raten
Sehnsucht
Selig, wer zur Kunst erlesen,
Ruhig in getreuer Lust,
Hoher Dinge seltsam Wesen,
Selber froh erschreckt, mag lesen
In der Wundervollen Brust!
Wie die Rosse mutig scharrten!
Ach! die Freunde sind voraus!
Draußen blüht der schöne Garten,
Draußen Wald und Liebchen warten,
Und ich kann nicht, kann nicht raus!
Bleib' ich ewig fern vom Glücke? -
Wen die Treue ganz durchdrang,
Einmal trafen Liebesblicke,
Ach! er kann nicht mehr zurücke,
Und ich kniee Lebenslang.
Lodert, lodert heil'ge Kerzen!
Bleibet unerhört mein Flehn:
Will ich in den Freuden, Schmerzen,
Mit dem unentweihten Herzen
Treu und heilig untergehn.
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Wenn man die Natur einer Sache durchschaut hat, werden die Dinge berechenbar.
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04.09.2003, 13:32
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# 41
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Mitglied seit 22.01.2003
Beiträge: 10.620
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Collin McCarty
Gedicht auf die Freundschaft
Freunde helfen einander. Sie verstehen.
Sie scheuen keine Mühe. Sie halten Deine Hand.
Sie bringen Dir ein Lächeln, wenn Du es gerade brauchst.
Sie hören zu und vernehmen, was zwischen den Zeilen gesagt wird.
Sie nehmen Anteil. Und sie sagen Dir,
daß sie Dich in ihre Gebete einschließen.
Freunde machen immer genau das Richtige.
Sie können einen ganzen Tag verwandeln,
indem sie etwas sagen, was niemand sonst gesagt hätte.
Manchmal haben Freunde das Gefühl,
daß sie eine geheime Sprache sprechen, die andere nicht verstehen.
Freunde können Dich führen, Dich inspirieren,
Dich trösten oder Dein Leben mit ihrem Lachen aufheitern.
Freunde verstehen Deine Launen
und gehen auf deine Bedürfnisse ein.
Freunde spüren liebevoll, was Du gerade suchst.
Wenn Deine Gefühle tief aus deinem Innersten kommen
und von jemandem angesprochen werden müssen,
vor dem Du Dich nicht verstecken mußt,
dann teilst Du sie ... mit Freunden.
Bei guten Neuigkeiten wendest Du Dich zuerst an Freunde.
Wenn Gefühle Dich überwältigen,
und Tränen vergossen werden müssen, helfen Dir Freunde hindurch.
Freunde bringen Sonnenschein in Dein Leben.
Sie wärmen Dein Leben mit ihrer Gegenwart,
ob sie ganz fern oder nahe sind.
Freunde sind ein Geschenk, das Dir Glück bringt,
und ein Schatz, der nicht mit Gold aufzuwiegen ist.
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04.09.2003, 12:07
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# 40
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erlkönig 2003
wer surft so spät durch nacht und netze?
es ist der user in wilder hetze!
er hält sein windows fest im arm,
und auch dem modem ist schon warm.
mein windows, was birgst du so bang dein gesicht?'
siehst du user, das virus nicht?
den trojanerkönig mit macro und wurm? -
mein windows - es ist nur ein datensturm.
betriebssystem, komm geh mit mir!
gar schöne spiele spiel ich mit dir;
manch' bunte websites sind an dem strand,
und auf den servern gibt's viel tand.
mein user, mein user, und hörest du nicht,
was das virus mir leise verspricht? -
sei ruhig, bleibe ruhig, mein kind,
es piepst nur das modem, das wieder mal spinnt.
willst feines windows, du mit mir gehn?
mein macro soll dich kitzeln schön,
meine routinen werden die bytes dir recht schütteln,
und löschen und deine dateien gut rütteln!
mein user, mein user, und siehst du nicht dort
trojaners exe am düsteren ort? -
mein windows, mein windows, ich seh's genau;
es glimmt doch mein alter schirm nur so grau.
ich liebe dich, mich reizt deine dll;
und willst du gleich booten dann lösch ich dich schnell.'
mein user, mein user, die patte läuft an!
trojaner hat mir ein leid angetan!
dem surfer graust's, er klickt geschwind,
und in der leitung das bit gerinnt;
er kappt die verbindung mit müh' und not,
jedoch zu spät - der bildschirm bleibt tot.
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04.09.2003, 11:57
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# 39
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Ich finde dich in allen diesen Dingen
Ich finde dich in allen diesen Dingen,
denen ich gut und wie ein Bruder bin;
als Samen sonnst du dich in den geringen
und in den großen giebst du groß dich hin
Das ist das wundersame Spiel der Kräfte,
daß sie so dienend durch die Dinge gehn:
in Wurzeln wachsend, schwindend in die Schäfte
und in den Wipfeln wie ein Auferstehn.
Rainer Maria Rilke
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04.09.2003, 11:21
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# 38
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Aficionado......
Mitglied seit 23.05.2002
Beiträge: 11.219
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Erich Fried.....Enthüllung
Was sich
verkleidet
als Neugier
ist dann
nackt
nur
die alte
Gier......
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Mode ist vergänglich. Stil niemals. (Coco Chanel)
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04.09.2003, 11:20
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# 37
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Mitglied seit 22.01.2003
Beiträge: 10.620
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Stanislaw Lem
Mal etwas anderes, passt sogar zum LH
Liebe und Tensoralgebra
Komm, laß uns tanzen in den Banach-Raum,
Wo Punktepaare wohlgeordnet sind,
Und Riemannsche Blätter rascheln im Wind,
Gefaltet, geheftet, schön wie im Traum.
Ich pfeife auf Bernoullis Fixpunktsatz,
Was soll'n mir Hilbert, Euler oder Venn
Mit ihren Indizes von eins bis n,
Wenn du mich liebst, mein rationaler Schatz !
Fixpunkte trämen von Kontraktionen,
Vektor schmeichelt der schönen Matrize,
Spalten bringt er in siedende Hitze,
Heiß und ergodisch glühen die Zonen.
Mordells Vermutung ist kein leerer Wahn,
Denn deine Kurven sind mein höchstes Ziel,
Ich zählte süßer Punkte endlich viel,
Und meine Graphen kreuzten ihre Bahn
Du bist mein maximales Ideal,
Der Zustand meiner Liebe ist stabil,
Doch deine Kovarianten sind labil
Und unbestimmt wie Eulers Integral.
In deinen Augen glänzt der Eigenwert,
In jedem Seufzer schwingt ein Tensor mit,
Du weißt nicht wie mein Operator litt,
Hast du ihm doch Funktionen stets verwehrt.
Den Ring aus Polynomen gab ich dir,
Dazu die Markov-Kette mit dem Stein,
All deine Tensorfelder waren mein,
Nur dein Quotientenkörper fehlte mir.
Lösch mich nicht, denn was wird von mir bleiben ?
Parabeln, deren Brennpunkt niemand weiß,
Abszissen, zwei Mantissen und ein Kreis.
Laserstrahl wird mich zu Staub zerreiben.
Erstarren meine positiven Glieder,
Näht man mein topologisch Leichenhemd,
Vergiß mich nicht, werd mir nicht teilerfremd
Und sing am Grab mir lineare Lieder !
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04.09.2003, 11:17
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# 36
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Mitglied seit 22.01.2003
Beiträge: 10.620
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Rainer Kunze (1933)
Die liebe
Ist eine wilde rose in uns
Sie schlägt ihre wurzeln
in den augen,
wenn sie dem blick des geliebten begegnen
Sie schlägt ihre wurzeln
in den wangen,
wenn sie den hauch des geliebten spüren
Sie schlägt ihre wurzeln
in der haut des armes,
wenn ihn die hand des geliebten berührt
Sie schlägt ihre wurzeln,
wächst wuchert
und eines abends
oder eines morgens
fühlen wir nur:
sie verlangt
raum in uns
Die liebe
ist eine wilde rose in uns,
unerforschbar vom verstand
und ihm nicht untertan
Aber der verstand
ist ein messer in uns
Der verstand
ist ein messer in uns,
zu schneiden der rose
durch hundert zweige
einen himmel
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04.09.2003, 11:12
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# 35
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Aficionado......
Mitglied seit 23.05.2002
Beiträge: 11.219
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Robert Gernhard
Herz und Hirn
Ist das Herz auf dem Sprung, ist das Hirn auf der Hut
Springt das Herz in die Luft, greift das Hirn nach dem
Schirm
Schwebt das Herz himmelwärts, spannt das Hirn seinen
Schirm
Stürzt das Herz auf den Schirm, ist das Hirn obenauf:
Siehste mein Lieber. Immer schön auf dem Teppich bleiben.
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Mode ist vergänglich. Stil niemals. (Coco Chanel)
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04.09.2003, 11:04
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# 34
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Mitglied seit 22.01.2003
Beiträge: 10.620
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Christian Morgenstern
Ich liebe Dich
Ich liebe dich, du Seele, die da irrt
im Tal des Lebens nach dem rechten Glücke,
ich liebe dich, die manch ein Wahn verwirrt,
der manch ein Traum zerbrach in Staub und Stücke.
Ich liebe deine armen wunden Schwingen,
die ungestoßen in mir möchten wohnen;
ich möchte dich mit Güte ganz durchdringen,
ich möchte dich in allen Tiefen schonen
--------
Diese Rose von heimlichen Küssen schwer:
Sieh, das ist unsre Liebe.
Unsre Hände reichen sie hin und her,
unsre Lippen bedecken sie mehr und mehr
mit Worten und Küssen sehnsuchtsschwer,
unsre Seelen grüßen sich hin und her -
wie über ein Meer - - wie über ein Meer - -
Diese Rose vom Duft unsrer Seelen schwer:
sieh, das ist unsre Liebe.
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04.09.2003, 10:37
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# 33
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Aficionado......
Mitglied seit 23.05.2002
Beiträge: 11.219
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Meinem Freund hecht und den anderen hier, die ich mag gewidmet........
Robert Gernhart
Mein Feind
Auch ich habe einen Feind - nein du bist nicht gemeint
Bist schlicht zu unwichtig für jemanden wie mich
Wer mich befeinden will - sei du jetzt bitte still -;
wer mich zum Feind erwählt - nun schau nicht so gequält-,
muß wissen: Diese Ehr erringt nicht irgendwer.
Für einen Feind bist du - du hörst jetzt bitte zu -:
zu dümmlich und zu unbekannt,
zu unfreundlich, zu ungalant,
zu prolo und zu chauvi,
zu macho und zu doofi,
zu abgefuckt, zu ausgelutscht
zu aufgeschwemmt, zu abgerutscht
zu feist, zu schwach, zu laut, zu blöd
zu arm, zu mies, zu mau, zu öd -:
Nein,nein,nein mein Feind kannst du nicht sein
Mein Feind muß Klug und stolz sein, aus gradgewachsnen Holz sein
ist schön dabei und stark, grundehrlich bis ins Mark
das Gegenteil von dir. Nein - Feind ist nicht dein Bier.
Du bist kein Feind - du bist - ach hör nicht weg, es ist
bei Gott nicht bös gemeint : Du bist - verzeih! mein Freund
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Mode ist vergänglich. Stil niemals. (Coco Chanel)
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04.09.2003, 10:36
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# 32
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Mitglied seit 22.01.2003
Beiträge: 10.620
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Johann Wolfgang von Goethe
GINGKO BILOBA
Dieses Baumes Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut.
Ist es ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Daß man sie als eines kennt?
Solche Fragen zu erwidern
Fand ich wohl den rechten Sinn.
Spürst du nicht an meinen Liedern,
Daß ich eins und doppelt bin ?
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04.09.2003, 09:20
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# 31
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Crooner
Mitglied seit 13.08.2003
Beiträge: 3.115
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Mann, seit ihr alle Bierernst hier. Ich schenk euch trotzdem ein stückchen Poesie.
I just read the bible.
And inside, there was a paper which said:
If you have a drinking problem, call this number.
I called it - it was a liquor store"
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Ich hasse Kamele. Ich kann generell nichts ausstehen, was zwei Wochen ohne trinken auskommen kann.
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04.09.2003, 08:32
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# 30
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Eigener Benutzertitel
Mitglied seit 26.04.2003
Beiträge: 5.998
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R.M. Rilke
Ich möchte Dir ein wenig Ruhe schenken...
lass mich Deine Seele schweigend berühren... streicheln
für einen kleinen Moment
- Stille im Denken -
ein kleines bisschen Harmonie und Liebe
lasse dich Fallen
- für kurze Zeit -
lehn Dich zurück
für ein klein bisschen Seelenglück...
__________________
Der gute Ruf einer Frau beruht auf dem Schweigen mehrerer Männer
Maurice Chevalier
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04.09.2003, 02:57
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# 29
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Römpömpöm
Mitglied seit 03.04.2002
Beiträge: 2.738
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Fürs Poesiealbum:
Die Steine fallen von ganz allein
mitten in Deinen Weg hinein
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04.09.2003, 02:23
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# 28
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Der Puppenwald
Sag, kennst du den Puppenwald?
Das Rascheln der Blätter,
es hört sich an, als ob jemand spricht.
Lachen sie?
Oder weinen sie?
Ich weiß es nicht genau...
Der Führer des Waldes soll Pinocchio sein...
Geheimnisvoller Wald...
Wo ist dieser Wald?
Willkommen im Wald der Puppen.
Das Rascheln der Bäume sind die Stimmen der Menschen,
Regentropfen sind ihre Tränen.
Hier leben die Puppen.
Schaut...
So viele Puppen...
Sag, kennst du den Puppenwald?
Menschen, deren Seelen vernichtet wurden,
stehen dort wie Bäume...
Pinocchio soll ihre Seelen gefressen haben.
Aber wessen Stimme hört man,
wenn die Bäume rascheln?
Ich weiß nicht...
Seltsamer Wald...
Wo ist dieser Wald?
Den gibt es nicht mehr.
Die Flammen haben ihn verschlungen...
Feuer im Wald der Puppen!
(Vampire Miyu, Band 2)
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04.09.2003, 02:14
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# 27
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Johann Wolfgang Goethe
Der ErlKönig
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht ?
Den Erlkönig mit Kron' und Schweif?
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.
"Du liebes Kind, komm geh mit mir !
Gar schöne Spiele spiele ich mit dir;
Manch' bunte Blumen sind an dem Strand;
Meine Mutter hat manch' gülden Gewand."
Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht ?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind!
In dürren Blättern säuselt der Wind.
"Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn ?
Meine Toechter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein."
Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düsteren Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau;
Es scheinen die alten Weiden so grau.
"Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt."
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan!
Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not;
In seinen Armen das Kind war tot.
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04.09.2003, 02:13
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# 26
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Friedrich Schiller
Die Bürgschaft
Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich
Damon, den Dolch im Gewande:
Ihn schlugen die Häscher in Bande,
»Was wolltest du mit dem Dolche? sprich!«
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
»Die Stadt vom Tyrannen befreien!«
»Das sollst du am Kreuze bereuen.«
»Ich bin«, spricht jener, »zu sterben bereit
Und bitte nicht um mein Leben:
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn' ich, erwürgen.«
Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken:
»Drei Tage will ich dir schenken;
Doch wisse, wenn sie verstrichen, die Frist,
Eh' du zurück mir gegeben bist,
So muß er statt deiner erblassen,
Doch dir ist die Strafe erlassen.«
Und er kommt zum Freunde: »Der König gebeut,
Daß ich am Kreuz mit dem Leben
Bezahle das frevelnde Streben.
Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
So bleib du dem König zum Pfande,
Bis ich komme zu lösen die Bande.«
Und schweigend umarmt ihn der treue Freund
Und liefert sich aus dem Tyrannen;
Der andere ziehet von dannen.
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,
Hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,
Eilt heim mit sorgender Seele,
Damit er die Frist nicht verfehle.
Da gießt unendlicher Regen herab,
Von den Bergen stürzen die Quellen,
Und die Bäche, die Ströme schwellen.
Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab,
Da reißet die Brücke der Strudel herab,
Und donnernd sprengen die Wogen
Dem Gewölbes krachenden Bogen.
Und trostlos irrt er an Ufers Rand:
Wie weit er auch spähet und blicket
Und die Stimme, die rufende, schicket.
Da stößet kein Nachen vom sichern Strand,
Der ihn setze an das gewünschte Land,
Kein Schiffer lenket die Fähre,
Und der wilde Strom wird zum Meere.
Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht,
Die Hände zum Zeus erhoben:
»O hemme des Stromes Toben!
Es eilen die Stunden, im Mittag steht
Die Sonne, und wenn sie niedergeht
Und ich kann die Stadt nicht erreichen,
So muß der Freund mir erbleichen.«
Doch wachsend erneut sich des Stromes Wut,
Und Welle auf Welle zerrinnet,
Und Stunde an Stunde ertrinnet.
Da treibt ihn die Angst, da faßt er sich Mut
Und wirft sich hinein in die brausende Flut
Und teilt mit gewaltigen Armen
Den Strom, und ein Gott hat Erbarmen.
Und gewinnt das Ufer und eilet fort
Und danket dem rettenden Gotte;
Da stürzet die raubende Rotte
Hervor aus des Waldes nächtlichem Ort,
Den Pfad ihm sperrend, und schnaubert Mord
Und hemmet des Wanderers Eile
Mit drohend geschwungener Keule.
»Was wollt ihr?« ruft er vor Schrecken bleich,
»Ich habe nichts als mein Leben,
Das muß ich dem Könige geben!«
Und entreißt die Keule dem nächsten gleich:
»Um des Freundes willen erbarmet euch!«
Und drei mit gewaltigen Streichen
Erlegt er, die andern entweichen.
Und die Sonne versendet glühenden Brand,
Und von der unendlichen Mühe
Ermattet sinken die Kniee.
»O hast du mich gnädig aus Räubershand,
Aus dem Strom mich gerettet ans heilige Land,
Und soll hier verschmachtend verderben,
Und der Freund mir, der liebende, sterben!«
Und horch! da sprudelt es silberhell,
Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,
Und stille hält er, zu lauschen;
Und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig, schnell,
Springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell,
Und freudig bückt er sich nieder
Und erfrischet die brennenden Glieder.
Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün
Und malt auf den glänzenden Matten
Der Bäume gigantische Schatten;
Und zwei Wanderer sieht er die Straße ziehn,
Will eilenden Laufes vorüber fliehn,
Da hört er die Worte sie sagen:
»Jetzt wird er ans Kreuz geschlagen.«
Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß,
Ihn jagen der Sorge Qualen;
Da schimmern in Abendrots Strahlen
Von ferne die Zinnen von Syrakus,
Und entgegen kommt ihm Philostratus,
Des Hauses redlicher Hüter,
Der erkennet entsetzt den Gebieter:
»Zurück! du rettest den Freund nicht mehr,
So rette das eigene Leben!
Den Tod erleidet er eben.
Von Stunde zu Stunde gewartet' er
Mit hoffender Seele der Wiederkehr,
Ihm konnte den mutigen Glauben
Der Hohn des Tyrannen nicht rauben.«
»Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht,
Ein Retter, willkommen erscheinen,
So soll mich der Tod ihm vereinen.
Des rühme der blut'ge Tyrann sich nicht,
Daß der Freund dem Freunde gebrochen die Pflicht,
Er schlachte der Opfer zweie
Und glaube an Liebe und Treue!«
Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor,
Und sieht das Kreuz schon erhöhet,
Das die Menge gaffend umstehet;
An dem Seile schon zieht man den Freund empor,
Da zertrennt er gewaltig den dichter Chor:
»Mich, Henker«, ruft er, »erwürget!
Da bin ich, für den er gebürget!«
Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,
In den Armen liegen sich beide
Und weinen vor Schmerzen und Freude.
Da sieht man kein Augen tränenleer,
Und zum Könige bringt man die Wundermär';
Der fühlt ein menschliches Rühren,
Läßt schnell vor den Thron sie führen,
Und blicket sie lange verwundert an.
Drauf spricht er: »Es ist euch gelungen,
Ihr habt das Herz mir bezwungen;
Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn -
So nehmet auch mich zum Genossen an:
Ich sei, gewährt mir die Bitte,
In eurem Bunde der dritte!«
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