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Alt  10.11.2014, 18:35   # 27
kuching
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True Detective

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True Detective ist eine HBO-Serie nach einer Idee und dem Drehbuch von Nick Pizzolatto. Regie führt bei allen 8 Episoden Cary Joji Fukunaga (Jane Eyre). Hier ein Bericht in DIE ZEIT über Pizzolatto. Die Serie lief bei uns ab April auf SKY. Ein lieber Kollege hatte mir die Folgen aufgenommen.

https://www.youtube.com/watch?v=TXwCoNwBSkQ

https://www.youtube.com/watch?v=XXrUjezR1NU

Die Handlung:

Zwei Polizisten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, untersuchen 1995 in Louisiana den Mord an der Prostituierten Dora Kelly Lange, die nackt und gefesselt unter einem Baum gefunden wird. Sie hat ein Hirschgeweih auf dem Kopf, ein aufgemaltes Symbol auf dem Rücken und wurde in betender Haltung zurückgelassen. Neben ihr finden die Polizisten ein Rutengitter, das einer Cajun-Vogelfalle ähnelt. Rustin „Rust“ Cole tippt auf einen Serienmörder, Martin „Marty“ Hart ist da sehr skeptisch. Bei ihren Nachforschungen stoßen sie auf das Verschwinden von Marie Fontenot, einem jungen Mädchen, dessen Fall vor 5 Jahren nicht weiter untersucht wurde.

17 Jahre später werden Rust und Marty getrennt voneinander mit einem Abstand von 5 Tagen von 2 Detectives verhört zu dem Fall Dora Kelly Lange. Rust und Marty haben sich seit ihrem Zerwürfnis vor 10 Jahren nicht mehr gesehen. Ein weiteres totes Mädchen war aufgefunden worden, in ähnlicher Haltung wie Dora Kelly Lange.

Die Serie spielt im schwülen Louisiana, weite grasbewachsene Ebenen wechseln mit verlorenen und heruntergekommenen Flachbauten ab, immer wieder sind die Ölraffinerien im Bild zu sehen. Zeitangaben in den Dialogen werden mit vor oder nach dem jeweiligen Hurrikan beziffert, es reicht die dafür gegebenen Frauennamen zu nennen.

Es wird mit Rückblenden gearbeitet und später auch geht die Geschichte in „Echtzeit“ weiter. Sie spielt also auf 3 Ebenen. Das Herzstück bilden die Verhöre bzw. Befragungen wider, in denen vor allem die minutenlangen philosophischen Monologe von Rust faszinierend sind. Normale Fern-Sehgewohnheiten werden pulverisiert. Rust sitzt da, säuft Unmengen Lone Star Bier aus der Dose, raucht und baut aus den leeren Dosen kleine Totems. ("Heute denke ich eher darüber nach, was meiner Tochter erspart geblieben ist. Manchmal bin ich dankbar. Der Arzt hat gesagt, sie ist sofort ins Koma gefallen. Hat nichts gespürt.")

Rust ist der völlig kaputte Bulle, der eine gescheiterte Ehe hinter sich hat, seine Tochter durch Unfall verlor und jahrelang als Undercover im Drogenmilieu gearbeitet hat. Er hat so gar nichts mehr von dem Matthew McConoughey aus den belanglosen romantischen Komödien aus Hollywood.

Sein Gegenpart, Marty, wird – wie immer hervorragend – von Woody Harrelson verkörpert, demjenigen, bei dem scheinbar alles in Ordnung ist, aber eben nur scheinbar. Marty ist verheiratet, hat Kinder, ist gläubig. Als sie befragt werden zu dem alten Fall – Unterlagen wurden durch Hurrikan Katrina zum Teil vernichtet – sind beide nicht mehr im Polizeidienst. Sie finden jedoch wieder zusammen, beide nehmen den Fall wieder auf bis zum furiosen Ende, mehr sei nicht verraten.

Wenn eine Serie zu Ende geht, die beiden letzten oder die letzte Folge noch aussteht, dann fragt sich der geneigte Zuseher, vielmehr er hofft, der Autor möge das Ende nicht versemmeln. Ich kann das vorweg nehmen: nein, das tut er überhaupt nicht, es ist ein würdiges Ende, auch wenn es nicht unbedingt genauso zu erwarten war. Licht am Ende des Tunnels oder doch nur weiterhin die öde Finsternis in Carcosa, dessen Räume so mystisch wie düster von Joshua Walsh gestaltet wurden?

Die Schauspieler:

Woody Harrelson (Marty) und Matthew McConoughey (Rust) sind erstens befreundet und zweitens kommen beide aus dem Süden der USA, besser ging es also nicht für diese Serie. Den kaputten Typen darf ja dieses Mal McConoughey geben, während Harrelson den scheinbar so geerdeten Typen gibt (ganz anders als in „Rampart“, wo er der kaputte Bullen ist). Harrelson („Larry Flint“, „Natural Born Killers) ist einer der Schauspieler mit einem sehr hohen „John-Goodman-Faktor“, will sagen, er gräbt sich nicht immer ins Gedächtnis ein, seine Filme sind aber nie Flops.

McConoughey scheint nun endgültig (nach dem Oscar für „Dallas Buyers Club) im Charakterfach zu sein, seine Auftritte True Detective sind mit dem Wort „grandios“ nur unzureichend beschrieben.



Worum es wirklich(?) geht:

Acht Stunden Nachdenken und Reden über das Leben. Macht es überhaupt und so wie es ist, Sinn? Gibt die Familie wirklich Halt oder ist das alles nur Selbstlüge? Wie steh ich zu Dir, wie Du zu mir? Religion nur Budenzauber schlechter Darsteller? Wer interessiert sich überhaupt für ein totes Mädchen, das nicht geborgen in der Familie lebt und brav zur Schule geht, sondern eben doch nur eine ist, die Sex verkauft? Acht Stunden philosophieren, eingebettet in einen Kriminalfall? Vielleicht tut man den acht Stunden damit nichts Gutes, wenn man es denn so überhöhen mag, dennoch sind diese acht Folgen mit das Ungewöhnlichste und Fesselndste, was zumindest ich im Fernsehen an Serie/Fiktion gesehen habe.

https://www.youtube.com/watch?v=12NLvNPsWNk

Und wer Lust hat, kann bei der sechsminütigen Actionszene mal genau schauen, ob wirklich ohne einen einzigen Schnitt gedreht wurde. Ich meine, einen kleinen Übergang gesehen zu haben…

DVD und Blue-ray bei Amazon für € 20,- bzw. € 28,-

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