Der Fall einer Thüringer Prostituierten könnte bis vors Bundesverfassungsgericht gelangen. Das jedenfalls meint ein Anwalt, der ihre Freiheit der Berufsausübung gefährdet sieht.
MEININGEN. Wie vereinbart klingelte der Mann im Dachgeschoss. Es erwartete ihn eine Frau im schwarzen Negligè - sie gurrte, ihr Name sei Sandra. Die Preise für einen Quickie oder eine erotische Massage kannte der 46-Jährige bereits aus einem Telefonat mit ihr. Nach einem kurzen Gespräch bat er um ein Glas Wasser. Noch ehe Sandra damit zurück kam, ließ der vermeintliche Freier seine Kollegen herein. Sandra war nun umringt von Männern. Die aber durften keine Augen für ihr reizendes Outfit haben. Denn die Herren kamen dienstlich - von der Suhler Kripo. Der Lockvogel, ein Kriminaloberkommissar, sagte vor Gericht gegen Sandra, eine 43-jährige Mutter zweier Kinder, aus.
Ihr Anwalt Rudolf Karras aus Fulda, der oft Damen aus dem Milieu vertritt, erreichte in erster Instanz einen Freispruch, da seine Mandantin "nichts weiter gemacht hat, als den Beruf ihrer Wahl auszuüben". Laut Artikel 12 des Grundgesetzes habe jedermann das Recht auf freie Berufsausübung.
Doch in der Berufungsverhandlung am Landgericht Meiningen erlangte der Nimbus der Sittenwidrigkeit wieder die Oberhand. Hier wurde Sandra wegen verbotener Prostitution zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt. Weil die Stadt Meiningen als Tatort keine 30 000 Einwohner hat, habe sie in einem Sperrbezirk gearbeitet, meinte das Landgericht.
Dagegen hat Anwalt Karras nun Revision eingelegt. Er will den Fall bis vors Bundesverfassungsgericht treiben. Prostitution sei ein Beruf und keine geduldete sittenwidrige Tätigkeit. Karras nimmt damit vor allem die seit 1992 gültige Thüringer Verordnung zur Regelung der Prostitution ins Visier. Sie bietet die Grundlage, in kleineren Städten die Prostitution zu verbieten. Der Schutzcharakter einer Verordnung, so meint der Anwalt, dürfe aber nicht davon abhängig sein, wie viele Einwohner eine Gemeinde hat. Nicht zuletzt habe die Kripo seine Mandantin getäuscht. Es sei verboten, andere in eine Straftat hineinzuführen.
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