Neuer Artikel von Richter Fischer: Nichts wie weg

[LonelyJoe]

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeit...scher-im-recht
Zum Thema Flüchtlinge; wiedermal sehr feinzüngig und humorvoll:

In Sachsen, einem schönen Land, habe ich acht Jahre meines Lebens verbracht. Schon damals, 1993 bis 2000, war man dort besorgt: Dass der Nachbar mehr kriege als man selbst, dass die Wohnung vielleicht im Jahr 2025 gekündigt werden könnte, dass die Soljanka verboten oder ein Vietnamese Ausländerbeauftragter werde.

"Wir sind", so formulierte es eine besorgte Heidenauerin am 26. August in das Mikrofon der besorgten Reporterin, "1945 aus Schlesien gekommen. Keiner hat uns gewollt. Obwohl wir Deutsche waren." Weil keiner sie wollte, will sie jetzt auch keinen. Da geht dem Kolumnisten das Herz auf: Das ist ein Rachebedürfnis, das eines Bruce Willis würdig wäre! 75 Jahre lang hat die Schlesierin gewartet; jetzt schlägt sie zurück.

Die Population deutscher Männer wankt. Der Syrer als solcher ist bekanntlich in fast allem besser als der Heidenauer Restbestand. Auch der normal kriegserfahrene Iraker oder gar der wilde Afghane aus Afghanistan hauen den Heidenauer Hartzer schon vor dem ersten Radeberger aus den Sandalen.

[woland]

... von einem Mann, der das reale Leben in der ganzen Breite von Berufs wegen sehr genau kennt und objektiver betrachten kann als kaum sonst einer. Ein sehr erfreulicher Kontrapunkt zu dem ganzen Politgesäusel und der deutschen Gutmenschen-, Emanzipations- und Empörungskultur!

[LonelyJoe]

Zitat von stb99

Auch Satire muss man können. Aus dem Versuch spricht nur die ganze Arroganz des Westens heraus, die die Menschen in den neuen Bundesländern schon seit 25 Jahren zurecht ankotzt.

Sagen wir es mal anders. Auch Satire muss man verstehen können. Wenn er sich nicht nur an die Heidenauer, sondern auch Salzhemmendorfer oder Oberhausener wendet, hat das auch mit Arroganz des Westens nichts zu tun.

Es bleibt eine Tatsache, dass es in etwas genauso viele rechtradikale Übergriffe auf Flüchtlinge in Ost wie in West gibt. Leider wohnen im Osten erheblich weniger Menschen, daher ist der Anteil derjenigen mit rechten Gesinnungen erheblich höher.

Ich finde den Fischer gut und wenn er seine Rechtmeinung und Einschätzungen hier niederlegt, ist das doch ne gute Sache. Immerhin hat er jahrlange Erfahrungen mit Rechtsprechung und sieht Veränderungsbedarf. Wenn ich mir seine Auslassungen zum geplanten P-Gesetz ansehen, das war eine klasse Leistung.

Ich bin genauso wie er der Meinung, dass man Leute, die gegen Grundlagen der Verfassung agieren, eher und stärker betrafen muss. Genauso aber auch bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Vergewaltigungen etc. Vieles wird einfach zu gering bewertet ins diesem Land.

Und es wird erst was getan, wenn es wirklich brennt. Und wenn die Politiker dann anfangen, werden Scheißgesetze gemacht, wie z.B. das geplante P-Schutzgesetz, Kinderverstümmelungen werden aus religiösen Gründen zugelassen und muslimische Mädchen dürfen weiterhin nicht an Schulausflügen und Schwimmunterrichten teilnehmen oder sich von ihrer Familien sonst vorschreiben lassen, wie sie sich zu benehmen haben und was sie anziehen.

Ich würde es ausdrücklich begrüßen, wenn erfahrenen Fachleuten mehr Beachtung geschenkt werden würde. Dazu ist es durchaus hilfreich, wenn sie sich auch mal zu Wort melden. Es wird soviel Mist von Politikern verbreitet, etwas mehr Sachverstand kann wirklich nicht schaden.

[Yannik]

Auch hier ein Bilderdienst. Ausserdem ist er nicht nur Richter, sondern Bundesrichter, quasi die letzte Instanz in diesem Staat. Frag mich immer wieder, wenn ich ihn lese, ob man als Bundesrichter wirklich seinen Senf öffentlich abgeben muss.

[stb99]

Von 1993, aber erstaunlich aktuell

Anschwellender Bocksgesang von Botho Strauss.

Und was aktuelles

Die Deutschen und die Flüchtlinge: Die Idealisierung des Fremden von Jan Fleischhauer.

Beide im Spiegel.

[stb99]

In Sachsen, einem schönen Land, habe ich acht Jahre meines Lebens verbracht. Schon damals, 1993 bis 2000,

Mit diesem eineinhalb Sätzen als Einleitung kann man schon aufhören zu lesen. Es ist klar, was dann kommt. Tut mir leid für den Autor. Auch Satire muss man können. Aus dem Versuch spricht nur die ganze Arroganz des Westens heraus, die die Menschen in den neuen Bundesländern schon seit 25 Jahren zurecht ankotzt.

Er hat acht Jahre dort gelebt. Ich wage zu bezweifeln, dass er in den acht Jahren so hinter die Kulissen geschaut hat, um nun den kompletten Überblick zu haben, den er glaubt zu haben. Auch hat er sicher seinen bequemen Sessel mit Notausstieg gehabt. Kein Vergleich zu denen, die das nicht haben. Wenn es rauskommt, ist er am Ende wie der Kolonialherr in seinen Kreisen verkehrt und hat sich dann abends Schauergeschichten über die Wilden da draußen erzählen lassen, die erstmal zivilisiert werden und arbeiten lernen müssen.

Aber ich kann ihn beruhigen. Nachdem in den Altbundesländern seit einigen Jahren genau dasselbe passiert, das 10 bis 20 Jahre vorher in den neuen passiert ist, nämlich die Schließung und Verlagerung der Industrie mit einhergehender Perspektivlosigkeit, kann man solche Ängste mittlerweile auch an vielen anderen Orten sehen und verstehen. Möglicherweise auch direkt vor seiner Haustür.

Ihm ist dann sicher auch entgegangen, dass sich in diesen Ländern die Bevölkerung gegen ein diktatorisches System aufgelehnt hat. Das kann er auch nicht beurteilen. Er kommt wahrscheinlich eher aus einer Umgebung, wo man erstmal diskutiert, wer die Parkgebühren für 30 Minuten Demonstration bezahlt und ob man das überhaupt darf, wo es doch verboten ist.

Genauso wie ihm dann sicher auch entgangen ist, dass die Menschen dort innerhalb sehr kurzer Zeit enorme Umwälzungen mitgemacht haben. Die wie er, die dann die Nase rümpfen, sind meistens schon überfordert, wenn ein Formular, das 40 Jahre grau war, nun plötzlich weiß ist.

Es gab ja auch Brandanschläge im Amberg und in Niedersachsen. Sind das dann verwirrte Einzeltäter oder ist die Art der 62 Millionen Einwohner der Alt-BRD? Abgesehen davon sind auch Parteien wie die Republikaner oder die NPD zu Nachwendezeiten von eingewanderten "Wessis" aufgebaut worden.