Kritik des ästhetischen Scheins oder - das Paradoxon des Edelpuffs

[capt.kirk]

Es steht außer Frage, dass der Schein trügt, die Mittel den Zweck heiligen und der Glamour das Kostüm der "Realität" darstellt

nenn mich einen Egoisten, aber die Illusion dieser Scheinwelt werde ich mir behalten

..denn auch Sex ist Abenteuer im Kopf und es muss nicht alles echt sein was glänzt.

liebe grüße
kirk

[NailLover]

Auch hier gibt mir mein Verstand eine andere Antwort als mein Gefühl

Welche Antwort gibt Dein bzw. der Verstand, welche Dein bzw. das Gefühl?
Das liegt nämlich nicht auf der Hand, wer welche Antwort gibt!

Naily

[kentucky]

Zumindest inzwischen interessieren eigentlich nur noch Frauen von Klasse bzw. solche, die den Schein erwecken, welche zu haben.Ganz konkret kann ich mir schon vorstellen, dass manche mit einer Lüge eine gewisse Zeit zumindest eine Partnerschaft aufrechterhalten oder eingehen können. Oder gibt es das gar nicht,eine Frau von Klasse als Hure ? Auch hier gibt mir mein Verstand eine andere Antwort als mein Gefühl, und ich bilde mir ein über ein gewisses Mass an sozialer Intelligenz zu verfügen. Vielleicht ist aber auch nur der Wunsch Vater des Gedankens.

[NailLover]

Die Antwort 459 ist nicht die einzig mögliche

Nein natürlich nicht, geschätzter Kentucky. Für eine Frau von Klasse aber schon, if you know ...


Naily

Postscriptum 1: Offenbar kommt für Hure Nr. 459 nur ein Partner in Frage, der ihr Hurensein nicht duldet (Variante 1) bzw. dieses nicht strizzihaft ausbeutet (Variante 2).

Postscriptum 2: Schon faszinierend zu sehen, dass und wie Klasse gerade auch in Kontexten bzw. Milieus, wo man sie auf den ersten Blick vielleicht gar nicht vermutet, zu bestehen und sich durchzusetzen vermag.

[kentucky]

"Der Club ist die Wirklichkeit" hat Lindberg geschrieben und damit hat er recht, dazu gehören auch die dort arbeitenden Frauen. Die Antwort 459 ist nicht die einzig mögliche,- hoffentlich nicht, lieber Naily. Ich war Freitag im B., eher wenig Männer, B. kam mit 4 anderen Frauen nach oben,die Damen setzten sich zusammen an einen Tisch, unterhielten sich recht lange,nach dem Essen stand B . auf, setzte sich alleine an einen Tisch und begann zu schreiben, ihre sonst so stolze,aufrechte Haltung veränderte sich ein wenig ,leicht gebeugt über ihrem Brief (?) wirkte sie sehr eifrig und froh- konzentriert auch ein wenig naiv, fast wie ein Schulmädchen, ihre Ausstrahlung wurde for ganz kurze Zeit um eine Facette bereichert..Schein und Wirklichkeit oder beides ? Da wir offensichtlich nicht nur ficken wollen treibt uns die Frage nach der Wirklichkeit mancher dieser Frauen um,den Schein als Teil dieser Wirklichkeit kennen und erleben wir bei jedem Besuch.Belinda z.B.lebt in einer Partnerschaft,falls sie seinerzeit ehrlich gewesen sein sollte. Mich fasziniert immer wieder die positive Ausstrahlung mancher Frauen, die ich fühle,obwohl mein Verstand mich ständig daran erinnert,dass sie eigentlich einen Knochenjob verrichten,oder doch nicht immer ?

[phaidros]

Entschuldigung wenn ich mich kurz in diese illustre Runde einschalte ...

S. 129:

„Warum aber sind solche Details wie die Taxifahrt und der Champagner von ebenso großer Relevanz für das romantische Drehbuch wie die informelle Intimität eines häuslichen Augenblicks?“

S. 131:

„Beide Antworten setzen eindeutig voraus, dass das teure Restaurant eine symbolische Wirkung entfaltet, die jenseits der bewussten und willentlichen Kontrolle des Mannes liegt. Das erste Beispiel ist besonders erhellend, denn der Gewährsmann behauptete explizit, dass das empfinden von Liebe dem Abendessen folgte und nicht voranging, und er bestätigte damit die Hypothese, dass Luxus die romantische Interaktion intensiviert.“

S. 132:

„Und in der Tat verstärkt der Luxus zwei Kerndimensionen von Ritualen, nämlich Förmlichkeit und Ausschmückung.
... und der damit verbundene explizite Versuch, eine ästhetische Dekoration zu schaffen, schmücken ganz offensichtlich den Schauplatz der romantischen Interaktion und machen Sie zu einem theatralischen Ereignis, d.h. zu einer Art Bühneninteraktion, welche die Emotion verstärkt und die Beziehungen durch eine konventionelle Verwendung von Symbolen dramatisiert.
…Luxusgüter besitzen die wichtige symbolische Funktion, die Grenzen zwischen den gewöhnlichen und außergewöhnlichen Augenblicken in einer Beziehung deutlicher zu ziehen.“

S. 132/133:

„Luxusgüter erzeugen emotionale Intensität, weil Sie deren Benutzer in eine Erfahrungskategorie transportieren, die ästhetisch, förmlich und rituell ist. Damit tragen sie die Menschen auf symbolische Weise weit hinaus aus deren Alltagsleben.“

Bis dato nichts Neues – aber jetzt wird es langsam interessant.

S. 133:

„In dieser Sichtweise wurden Luxusgüter nicht deshalb geschätzt, weil sich mit Ihnen der eigene Status demonstrieren lässt, sondern vielmehr als Signifikanten, die es den Menschen ermöglichen, in einen Erfahrungsbereich einzutreten, der eine Alternative zur utilitaristischen, akkumulativen und gewinnorientierten Ordnung ihres Alltagslebens darstellt. Damit war und bleibt romantische Liebe ein Eckpfeiler des Utopischen, weil sie symbolische Rituale nachspielt, die den Supremat des individuellen und die Demonstration geopferten „Überflusses“ bestätigen.
…
Durch die Verwendung von Luxusgütern „deklassifizieren“ sich die Menschen temporär, und zwar in dem Sinne, dass sie für einen Augenblick aus Ihrer gesellschaftlichen Klasse aus dem gesamten System der Klassenzugehörigkeit hinaustreten und über die Liebesbeziehung eine symbolische Verschwendung von Reichtum erfahren, einen „Verlust“, der umso intensiver ist und umso mehr Vergnügen bereitet, als er das Paar in dem wechselseitig geteilten Vergnügen erotischer und emotionaler Verschmelzung aneinander bindet.“

Aha – feht noch „der Weisheit letzter Schluß“:

S. 134:

„Das bedeutet, dass Luxusgüter zwischen dem Bereich, in dem die Individuen miteinander konkurrieren, um sich gesellschaftlich erstrebenswerte Partner zu sichern, und einem Bereich des Rituals, wo die Menschen nach Verschmelzung, Gleichheit und Verschwendung streben, vermitteln.

Wir scheinen damit bei einem Paradox angelangt zu sein:

Während Luxusgüter die Menschen an den Bereich des Statuswettbewerbs binden, befördern ihre symbolischen Bedeutungen den rituellen, nichtutilitaristischen und emotional tief greifenden Charakter der Liebesbeziehung und verwischen dabei die Wahrnehmung, dass man in einem Konsumakt involviert ist. Je fester der Markt die romantische Erfahrung objektiv im Griff hat, desto ritualisierter und damit subjektiv distanzierter gegenüber dem Markt wird diese Erfahrung.
Damit bezieht sich der Begriff des Rituals nicht nur auf die kulturelle Bedeutung und Erfahrung von Liebe, sondern auch auf den Mechanismus selbst, über den der Markt die subjektive Liebeserfahrung strukturiert. Das Ritual ist die kulturelle Form, mittels derer die öffentlichen Sinnmuster der Konsumsphäre in eine subjektiv gelebte Liebespraxis übersetzt werden.“

PARADOX??? Die Benutzung von Luxusgütern als Flucht nur um uns schneller und intensiver „gleich“ zu machen und die Statusunterschiede vehementer vom Tisch zu fegen …

In Illouz´ Sinne wäre der Gang zur "Luxushure" also doppelte Ritual-Strukturierung des „Konsumaktes“ – und damit die „Liebeserfahrung“ theoretisch "doppelt" intensiv. Das dem nicht so ist, wissen wir.

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ZITIERT AUS: Eva Illouz – „Der Konsum der Romantik“ – Liebe und die kulturellen Widersprüche des Kapitalismus (Campus Verlag Frankfurt / New York, ISBN 3-593-37201-0)

Eva Illouz ist Dozentin am Fachbereich Soziologie und Anthropologie der Hebräischen Universität in Jerusalem. Zu Ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Soziologie der Emotionen, der Konsumgesellschaft und der Medienkultur. Soweit ich mich an ein gelesenes Interview erinnern kann, ist Sie Mutter von 2 Kindern und seit längerem glücklich verheiratet – aber nicht zum ersten mal.
Ich erwähne dies nur – nicht damit es nachher hier heißt, ich hätte eine „gelangweilte Alt-68er Emanze“ zitiert … und ich verbitte mir ausdrücklich in diesem Zusammenhang jegliche Art hirnloser antisemitischer Äußerungen.

[nico68]

@NL Ich glaube auch, dass das die wahrscheinlichste Interpretation ist - und entscheiden kann man das nur in der Situation des Sagens, den Ton habe ich natürlich nicht mitgelesen ;-)
Deine Einschätzung wird in der Situation und auf die betreffende Frau bezogen also stimmen - ich frage mich halt, ob es immer so ist, oder es andere Konstellationen gibt.

Muss jetzt leider wieder arbeiten (ist so ein Moment, wo mein Job mich nervt ;-) ), lese ein anderes mal weiter...cu allerseits...

[NailLover]

Arbeiten als Hure ist eigentlich schon etwas anderes als "ständige(r) Partnerwechsel". - So wie die Antwort gesagt wurde, wurde schon (1) ein gewisses Unbehagen am Hurendasein und (2) eine gewisse Sehnsucht nach einer Partnerschaft mitkommuniziert ...

[NailLover]

"maximal ebenbürtig"

Nicht ganz, denn als "Partner" käme ja der Freier vor dem Hintergrund der in Nr. 459 impliziten Prämisse gerade nicht in Frage!

[nico68]

Sie verdammt ihr Hurensein nur wenn sie der Prämisse folgt, dass eine feste Partnerschaft eine bessere Option als ständige Partnerwechsel ist. Das ist aber eigentlich selbstverständlich.
Wenn sie für sich nicht das Bedürfnis nach einer festen Partnerschaft hat, sexuelle Interessen in ihrem Beruf erfüllt sieht und enge andere Kontakte vielleicht mit Freundinnen hat - ist das dann ein Verdammen ihres Berufes?
Kann es keine Hure geben, die mit ihrem Beruf zufrieden ist? Auch die wird dann aber auf eine feste vertrauensvolle Partnerschaft mit einem Mann verzichten müssen, anders könnte ich mir das nicht vorstellen.

Ich weiß aber nicht ob es das gibt, die Frage ist eine ernste Frage, keine rhetorische.

[capt.kirk]

na wenn die Antwort negativ ausfällt, dann bin ich in meiner Erwartung nicht enttäuscht.

..es interessiert mich auch gar nicht so die Antwort selbst, vielmehr die Reaktion darauf und die Reaktionszeit....auch wenn eben manchmal verblüffende Antworten darunter sind.

Der Witz ist, dass die Hure in Antwort 459 ihr Hurensein "verdammt" und den Freier gleich mit - denn zum Hurensein gehört selbiger konstitutiv dazu.

..deshalb auch mein Einwand: "maximal ebenbürtig"
es gehören immer zwei dazu und keiner ist besser als der andere

[NailLover]

Ob sie eine Klatsche für den Freier ist, hängt doch von dessen Erwartungen ab, oder?

Ja - und wie nah man sich der Antwortenden im Moment der Antwort fühlt (bzw. gefühlt hat) ...
Der Witz ist, dass die Hure in Antwort 459 ihr Hurensein "verdammt" und den Freier gleich mit - denn zum Hurensein gehört selbiger konstitutiv dazu.

Naily

[nico68]

Und wenn die negativ wäre?
"Manchmal macht mir mein Job Spaß, meistens nicht. Und mit Dir heute auch nicht."
Erstens wäre das wohl geschäftsschädigend - würdest Du da wiederkommen wollen - wohl nichtmal wenn's der Fick Deines Lebens gewesen wäre, oder?
Und zweitens wäre das auch unprofessionell. Zur Professionalität gehört Distanz - auch wenn das in der Intimität der sexuellen Dienstleistung natürlich paradox erscheint. Und ich denke nicht, dass es dadurch schlechter wird - eher besser.

[capt.kirk]

genialer Einwand!

wahrscheinlich erhoffe ich mir eine nur auf die Situation reduzierte Antwort um den Schein zu (be-)wahren

@Naily

ich wurde das eben erst vor Kürze im CB Hallein gefragt und ich habe von ihr eine ehrliche Antwort erhalten...diese Antwort war wirklich ehrlich!

überhaupt antworte ich auf solche Fragen immer ehrlich, vielleicht nicht hinlänglich genug.

[NailLover]

Mich fragen die Frauen immer nur danach, wo ich herkomme (kann ich nur ungefähr beantworten) und womit ich mein Geld verdiene (dito). Die Frage nach Verheiratetsein und Kinderhaben wird wohl in Nobelclubs eher seltener gestellt (könnte ich exakt und wahrheitsgetreu beantworten). Warum ist das wohl so?

Naily

[nico68]

Kann man so eine Frage denn "wahr" beantworten? Ich habe einen Job, den ich mir ausgesucht habe, der ein ganz anständiges Prestige mit sich bringt - meistens mache ich ihn gerne. Aber es gibt Tage da möchte ich am liebsten krankfeiern, weglaufen oder kotzen. Manchmal, weil der Job auch unangenehme Seiten hat, manchmal nur weil ich schlecht drauf bin.

Wie sollte ich auf Deine Frage antworten?
Wahrscheinlich jetzt gerade anders als morgen - was ist dann Wahrheit?

[capt.kirk]

Das ist ein ganz besonders tückische Frage!

ja das ist sie und ich stelle sie gerne.
auch ich werde immer wieder gefragt ob ich denn verheiratet sei, Kinder habe oder was ich arbeite und ob ich das gerne mache.......ich denke auch in der erkauften Zweisamkeit darf man unbefangen fragen.....es gibt dann nur die Wahrheit, eine Lüge oder keine Antwort.

[nico68]

@NL Ob sie eine Klatsche für den Freier ist, hängt doch von dessen Erwartungen ab, oder?

[NailLover]

"Machst Du Deinen Job gerne?"

Das ist ein ganz besonders tückische Frage!
Meine Frage ist wahrscheinlich - glaube ich wenigstens - harmloser. Nichtsdestotrotz habe ich Jahre gebraucht, um sie der betreffenden Hure stellen zu können. Normalerweise respektiere ich das Privatleben der Frauen. Aber in diesem Fall lag mir die Frage plötzlich auf der Zunge und ich musste sie einfach stellen ...

Naily

[capt.kirk]

Die Hure zeigt sich in ihrer Antwort selbigem HAUSHOCH überlegen ...

Nein maximal ebenbürtig!

[capt.kirk]

Nico, Nr. 495 ist eine Klatsche für den Freier!

ja, auf den bin ich auch schon gespannt

[NailLover]

Nico, Nr. 495 ist eine Klatsche für den Freier!
Die Hure zeigt sich in ihrer Antwort selbigem HAUSHOCH überlegen ...

Naily

[capt.kirk]

in #459 steckt viel Sinn.......

allerdings würden mich die unterschiedlichsten Antworten auf die Frage:
"Machst Du Deinen Job gerne?"
noch vielmehr interessieren.

....ich stelle diese Frage immer wieder und ich bin bisher wohl nur angelogen worden.....wenngleich ich bei einer Hand voll Antworten heute noch hoffe, dass sie ehrlich gemeint waren


@indianer

Naja, ist nicht alles irgend wo mehr oder weniger Schein

ganz klar, für jeden das passende lämpchen 20, 40, 60 oder 100 Watt
...ich teile was das angeht die Haltung von Tim in Tool Time...
und zahle gerne für mehr, obwohl weniger auch schon reichen würde...
warum? ......ehrlich, ich weiss es (noch) nicht, aber wahrscheinlich weil ich ein verwöhnter fratz bin

[nico68]

@NL Wenn ich Dich richtig verstehe ist das die Hurenperspektive - ich denke eine plausible.
Mir ging es um die Freierperspektive - nicht das Elend der Huren (das ist nochmal ein ganz anderes und oft thematisiertes Problem)

[Indianer]

Naja, ist nicht alles irgend wo mehr oder weniger Schein

[NailLover]

Nico, lies bitte meinen kleinen Text Nr. 459 ("Kehraus am Aschermittwoch") in diesem Thread. Darin steckt in nuce all das, was ich zu dem Thema dieses Threads zu sagen habe ...

Naily