08.08.06 - 21:45 Uhr
Löwen deklassieren Bayern im 202. Derby mit 3:0
Die Löwen sind für den Punktspielauftakt am Sonntag, 13.08.2006, 14 Uhr, bei der SpVgg Greuther Fürth gerüstet. Im 202. Münchner Derby begeisterten sie ihre Fans und deklassierten den amtierenden Deutschen Meister und Pokalsieger mit 3:0 (1:0). Antonio Di Salvo hatte 1860 in der 27. Minute in Führung gebracht, der eingewechselte Nicky Adler erhöhte nach der Pause mit einem Doppelpack auf 3:0 (62. und 82.).
Personal: Im letzten Vorbereitungsspiel musste Trainer Walter Schachner auf Roman Tyce (Reha nach Kreuzbandriss), Harald Cerny (OP am Sitzbein), Lars Bender (Aufbautraining), Nikolas Ledgerwood (Aufbautraining) und Lukasz Szukala (Innenmeniskuseinriss am Knie) verzichten, Paul Agostino wurde nach Trainingsrückstand geschont.
Spielverlauf: Eine Viertelstunde vor Anpfiff versammelten sich etwa 200 Kinder am Mittelkreis, die Giovane Elber einen Scheck über 20.000 Euro für seine Stiftung, die Straßenkinder in Brasilien unterstützt, überrreichten. „Das ist super“, zeigte sich Elber überwältigt. Anschließend nahmen beide Teams Aufstellung zum 202. Derby. Eine Samba-Truppe begleitete Elber zu dessen Abschiedsspiel aufs Spielfeld, wo Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge den Brasilianer per Urkunde zum „Ehrenspieler“ des FC Bayern ernannten.
Beinahe hätten die Löwen, die mit „we win!“ auf der Trikotbrust spielten, einen Auftakt nach Maß erlebt. In der 5. Minute kam Patrick Milchraum an der Strafraumgrenze nach Zuspiel von Daniel Baier frei zum Schuss, aber der Linienrichter hob die Fahne. Es war eine knappe, aber korrekte Abseitsentscheidung. Die Sechziger in der Anfangsphase wesentlich agiler als die Bayern. Die beste Chance besaß Milchraum in der 18. Minute. Sein Schuss vom linken Strafraumeck konnte Oliver Kahn nur mit Mühe über die Querlatte lenken. In der 27. Minute plötzlich die Löwen-Führung. Björn Ziegenbein hatte aus halbrechter Position den Ball Richtung linkes Fünf-Meter-Eck geflankt, Antonio Di Salvo sprintete nach vorne, kam völlig frei zum Kopfball und versenkte den Ball am verdutzten Oliver Kahn vorbei ins lange Eck zum 1:0. Die Sechziger hatten aber auch spielerisch einiges zu bieten. Ziegenbein setzte sich auf Rechts gegen Philipp Lahm durch, passte auf Nemanja Vucicevic. Dessen Flanke auf den 2. Pfosten nahm Baier volley, verzog aber knapp (36.). Kurz vor dem Pausenpfiff sogar die Riesenchance für die Löwen zum 2:0. Nach einer Bayern-Ecke konterten die Sechziger über die rechte Seite. Innenverteidiger Torben Hoffmann flankte in die Mitte, wo der freistehende Vucicevic das Leder mit dem Kopf knapp verpasste (45.).
Kurz nach Wiederanpfiff eine heikle Situation für die Löwen: Mate Ghvinianidze konnte vor dem einschussbereiten Giovane Elber gerade noch klären (47.). In der 50. Minute kam der aufgerückte Daniel van Buyten gegen Hoffmann im 1860-Strafraum zum Schuss, doch der Ball ging knapp am langen Pfosten vorbei. Die Bayern nach der Pause wesentlich offensiver, drängten auf den Ausgleich. In der 52. Minute verließ Elber unter den Klängen von „Time to say Goodbye“ das Spielfeld, drehte eine Ehrenrunde, während Schiedsrichter Peter Sippel das Spiel unterbrach. Stehende Ovationen begleiteten den früheren Bundesliga-Torschützenkönig, der mit Tränen in den Augen zum Mikrophone griff. „Tausend Dank, es war schön mit Euch“, bedankte er sich bei den Fans. Die nächste Möglichkeit besaßen erneut die Bayern. In der 60. Minute kam der eingewechselte Andreas Otl nach einem Eckball von Mehmet Scholl am Fünf-Meter-Raum frei zum Kopfball, setzte das Leder aber weit über die Querlatte. Genau in diese Drangphase konterten die Löwen mustergültig. Baier spielte mit viel Übersicht den tödlichen Pass auf Nicky Adler. Der 21-Jährige Adler drehte den Ball zehn Meter vor dem Tor aus halblinker Position zum 2:0 ins lange Eck (62.). Eigentlich hätte drei Minuten später Vucicevic sogar das 3:0 erzielen müssen. Nachdem Adler im Strafraum quer gelegt hatte, traf der Serbe aber nur den Außenpfosten des Bayern-Tors (65.). Die Bayern drängten, die Löwen konterten sie klassisch aus. Der 17-jährige Sven Bender schickte Vucicevic auf Links, der legte an Lucio vorbei quer in die Mitte zum heranstürmenden Adler. Dieser ließ Rensing aussteigen, traf aus spitzem Winkel ins leere Tor zum 3:0 (82.). Das war der zweite Doppelpack des U20-Nationalspielers, nachdem er am Samstag gegen Hoffenheim in der Regionalliga beim 2:2 ebenfalls zweimal eingenetzt hatte. In der 89. Minute hätte Adler beinahe noch einmal getroffen. Nach einer Baier-Ecke nahm er das Leder volley, verzog aber knapp.
Löwen-Spieler, -Trainer und –Manager freuten sich über den Sieg, traten aber gleichzeitig die Euphoriebremse. „Es ist sehr erfreulich, wie wir nach vorne gespielt haben“, sagte Manager Stefan Reuter. „Wir haben unseren Fans ein schönes Spiel gezeigt, ihnen Freude bereitet.“ Trotzdem relativierte der 39-Jährige das 3:0. „Einige Bayern-Spieler sind erst seit einer Woche im Training, haben bereits drei Spiele bestritten. Da kann man einfach noch nicht in Form sein. Den Schwung und das Selbstvertrauen durch diesen Erfolg müssen wir jetzt mit in die Liga nehmen.“
Ähnlich sah es auch Danny Schwarz. „Wir können diesen Sieg richtig einordnen. Er ist gut fürs Selbstvertrauen“, so der 30-Jährige. „Wir werden uns heute und morgen noch freuen, aber dann beginnt die Vorbereitung auf das Spiel am Sonntag in Fürth.“ Das jemand aus der Mannschaft abhebt, diese Befürchtung hat Schwarz nicht. „Ich glaube nicht, dass einer zu spinnen anfängt.“ Bei aller Euphorie erkannte er noch Mängel im Löwen-Spiel. „In der 2. Halbzeit hatten wir zu viele Fehlpässe im Spiel nach vorne. Dadurch haben uns die Bayern zeitweise in unserer Hälfte eingeschnürt.“ Positiv bewertete der Schwabe das disziplinierte Defensivspiel. „Wenn wir immer so spielen, wird es jeder Gegner gegen uns schwer haben.“
Trainer Walter Schachner gefiel besonders, das sein junges Team keine Ehrfurcht vor dem FC Bayern und der großen Kulisse zeigte. Bange ist ihm nur vor der möglichen Euphorie im Umfeld. „Jetzt können wir gegen Fürth eigentlich nur verlieren“, warnt der 49-Jährige nach dem grandiosen Erfolg über die Bayern. „Wir müssen jetzt weiter konzentriert arbeiten und auf dem Boden bleiben.“
FCB: 1 Kahn – 2 Sagnol, 3 Lucio, 5 van Buyten, 21 Philipp Lahm –20 Salihamidzic, 19 dos Santos, 23 Hargreaves, 31 Schweinsteiger – 9 Elber, 24 Santa Cruz.
Ersatz: 22 Rensing (Tor) – 7 Scholl, 8 Karimi, 10 Makaay, 11 Podolski, 14 Pizarro, 39 Ottl.
1860: 1 Hofmann – 19 Ghvinianidze, 4 Hoffmann, 5 Berhalter, 3 Schäfer – 27 Ziegenbein, 24 Baier, 8 Schwarz, 26 Milchraum – 9 Di Salvo, 7 Vucicevic.
Ersatz: 12 Pentke (Tor) – 16 Thorandt, 17 S. Bender, 21 Janker, 23 Adler, 32 Burkhard, 33 Johnson.
Wechsel: Rensing für Kahn (46.), Podolski für Santa Cruz (46.), Scholl für dos Santos (46.), Otl für Salihamidzic (46.), Makaay für Elber (52.) – Adler für Di Salvo (46.), Thorandt für Milchraum (69.), Johnson für Ziegenbein (69.), S. Bender für Schwarz (81.), Burkhard für Ghvinianidze (81.), Janker für Hoffmann (85.).
Tore: 0:1 Di Salvo (27.), 0:2 Adler (62.), 0:3 Adler (82.).
Zuschauer: 69.000 in der Allianz Arena (ausverkauft).
Schiedsrichter: Peter Sippl (München); Assistenten: Georg Schalk (Augsburg), Roland Greth (Menning).