Bordellbewilligung in Gries am Brenner
Der Beschwerdeführer beantragte beim Bürgermeister der Gemeinde Gries am Brenner die Erteilung einer Bordellbewilligung. Zur Frage des Bedarfes führte er aus, im Bezirk Innsbruck Land seien 41.363 Männer der Altersgruppe von 20 bis 60 Jahren wohnhaft, das seien 29,27 % der Gesamtbevölkerung. Der Bezirk weise 52.284 Fremdenbetten aus. Bei Einrechnung der männlichen Urlaubsgäste der betreffenden Altersgruppe ergebe sich "eine Gesamtzahl von männlichen Personen für den Bezirk von ca. 122.000". Werde zugrunde gelegt, dass nur eine von zehn männlichen Personen das Angebot eines legalen Bordellbetriebes einmal im Jahr annehme, so liege eine Nachfrage von ca. 16.300 Personen vor. Dabei seien weder die Grenznähe noch die Nähe der Landeshauptstadt Innsbruck, von der der Standort nur 25 Minuten Fahrzeit entfernt sei, berücksichtigt.
Sowohl der Bürgermeister als auch der Gemeinderat lehnten den Antrag ab. Im Hinblick auf lediglich 25 Minuten Fahrzeit vom geplanten Standort zum bewilligten Bordell in Innsbruck, das nicht zur Gänze ausgelastet sei, bestehe kein Bedarf nach einem Bordell in Gries am Brenner.
Die Tiroler Landesregierung schloss sich dieser Auffassung an. Auch die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof blieb erfolglos:
Ein Bordell darf nach § 15 Landespolizeigesetz nur mit behördlicher Bewilligung (Bordellbewilligung) betrieben werden; eine solche Bewilligung darf u.a. nur erteilt werden, wenn ein Bedarf nach dem Betrieb eines Bordells besteht. Ob ein Bedarf nach dem Betrieb eines Bordells besteht, ist insbesondere unter Bedachtnahme auf die Einwohnerzahl und die Bevölkerungsstruktur des voraussichtlichen Einzugsgebietes sowie darauf zu beurteilen, ob in einer benachbarten Gemeinde bereits ein Bordell betrieben wird.
Der Verwaltungsgerichtshof billigte die Bedachtnahme auf ein Bordell in Innsbruck als in einer "benachbarten Gemeinde" gelegen, weil die Gesetzesmaterialien darunter nicht nur eine Gemeinde verstehen, die mit der Gemeinde, in der das Bordell betrieben werden soll, eine gemeinsame Grenze besitzt.
Bedarf im Sinne dieser Gesetzesstellen besteht nicht etwa überall dort, wo eine - wohl auch vom Angebot verursachte - Nachfrage besteht, die eine gewinnbringende Führung eines Bordellbetriebes zuließe. Dem Gesetz liegt keineswegs die Zielvorstellung zugrunde, es solle die "Versorgung der Bevölkerung" mit Bordellbetrieben sichergestellt werden. Auch in Ansehung des Bedarfsbegriffes hat die Auslegung den erklärten Gesetzeszweck zu beachten, die Prostitution, die als nicht wünschenswerte, in der Regel Kriminalität (Zuhälterei, Eigentumsdelikte u.ä.) nach sich ziehende Erscheinung bezeichnet wird (vgl. abermals die Gesetzesmaterialien), auf das unvermeidliche Ausmaß einzuschränken. Nach den Zielvorstellungen des Gesetzes soll die Prostitution insgesamt auf bewilligte Bordelle beschränkt werden; dem liegt offenbar die Überlegung zugrunde, dass es für die öffentliche Ordnung günstiger sei, wenn die Prostitution nur an einigen wenigen, behördlich genehmigten und behördlichen Kontrollen leicht zugänglichen Orten in Erscheinung trete. Angesichts dieses Gesetzeszweckes kann Bedarf nach dem Betrieb eines Bordells angenommen werden, wenn damit verbotene Erscheinungsformen der Prostitution wie Straßen- und Wohnungsprostitution durch nicht kontrollierte Prostituierte vermieden werden können. Die in § 15 Abs. 4 LPolG genannten Bezugsgrößen (Einwohnerzahl, Bevölkerungsstruktur, Bestehen anderer Bordelle) bilden - neben der Beobachtung der tatsächlichen gegenwärtigen Verhältnisse - Anhaltspunkte für die Prognose eines Bedarfes im soeben dargelegten Sinn. Jedenfalls war den Darlegungen des Beschwerdeführers nicht zu folgen, der schon im Verwaltungsverfahren die Behauptung eines Bedarfs vor allem auf das Vorhandensein männlicher Bevölkerung einer bestimmten Altersgruppe gründete.
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