Werte Gemeinde, wieder mal wird ein neuer Tatsachenbericht aus dem Leben einer Hure über den Buchmarkt und durch die Presselandschaft getrieben. Sehr originell scheints nicht zu sein, nur der Aufmacher reißt schon was und soll hier zum Besten gegeben werden. Das Buch: Ilan Stephani: "Lieb und teuer: Was ich im Puff über das Leben gelernt habe". (Salzburg: Ecowin/Red Bull Media House 2017). Berichte und Interviews in der Welt, der Süddeutschen, der taz und Focus zeugen von intensivem Marketing. Hier ein kleiner Ausschnitt ihrer Einlassungen:
Zitat von Ilan Stephani in DIE WELT
„Ich will, dass wir aufwachen, sexuell und intellektuell“, sagt die heute 31-Jährige. Deshalb erzählt sie von einer Welt, die so ganz anders ist als die Fantasien über sie. „Männer haben unglaublich schlechten Sex auch und gerade im Puff, ich weiß es, ich war dabei“, sagt sie. „Diesen Sex, den sie im Puff haben, von dem sie auch noch glauben, dass er besser ist als ihr privater Sex, für den zahlen sie nur, weil sie guten Sex nicht erlebt haben. Weil ihnen nie jemand gesagt hat, wie das gehen könnte.“
Stephani, eine ehemalige Philosophiestudentin, schildert den Freier als Kunden, der eigentlich ein Opfer ist. In ihrem Buch „Lieb und teuer“, das sie über ihre zwei Jahre im Milieu geschrieben hat, treten viele dieser Opfer auf.
Traurige, verschüchterte, verbogene Männer, die auf der Suche nach Etwas sind und Sex damit verwechseln. Die Arbeit in einem Berliner Puff offenbarte ihr etwas, was sie so nie erwartet hätte. „Man denkt: Der Mann rennt in den Puff und fühlt sich triumphal. Ich habe keinen einzigen Mann kennengelernt, der mit einem Triumphgefühl kam.“
Am Schluss des Buches gibts sogar ein Kapitel über "Wirklich guten Sex" - scheint was mit Slow Sex zu tun zu haben - und wie man das "Anschaffen abschaffen" kann. Wirklich ein schönes Wortspiel! Auch wenn der Freier offenbar doch nicht hauptsächlich ein triumphaler Frauenunterdrücker ist, fällt das Urteil über die Prostitution nicht positiv aus. Immerhin, ihr Studium hat es Frau Stephani finanziert. Sie gibt jetzt Körperfindungskurse!
Diese Slow Sex-Sache wurde letzhin auch in irgendeiner Arte-Reportage warm empfohlen. Auch der Sex soll also in öffentlich-rechtlichere Perspektive jetzt feminisiert werden. Na, wenn es dem Weltfrieden dient ... (frei nach Fritz Teufel)
wenn Frau das hören und glauben will, dass Männer unglaublich schlechten Sex im Puff haben, dann ist doch allen geholfen. Frau kann sich beruhigt zurücklehnen (ich hab es immer gewusst!) und ich geh weiter innen Puff (habe ich auch immer gewusst ) .
Die Frage ist doch, wie dann der Sex außerhalb des Puffs aussieht. Da bleiben nur zwei Möglichkeiten: noch viel schlechter oder er existiert gar nicht.
Oho, vielen Dank, phaidros! Das klingt allerdings völlig anders und ist ein rechtes Lehrstück über die Medienmechanismen. Die Autorin ist eine ziemliche Romantikerin, die an Phantasien der sexuellen Befreiungszeit erinnert:
Zitat von Ilan Stephani
In einer sexuell freien, natürlichen, extatischen Kultur mit einem erotisch warmen Lebensgefühl ist Prostitution ein totales Turn-off. Der Mann braucht die Prostitution nicht. Die Gesellschaft hat gemacht, dass er sie braucht.
Da wir eine solche Welt mit einem solch erotisch warmen Lebensgefühl für alle wohl nicht erleben werden, wird es bei der Prostitution sicher bleiben.
Das ganze zeigt aber auch, dass an den differenzierten und kritischen Überlegungen zum Thema Prostitutionskritik oder an der Alice-Schwarzer-Kritik in der veröffentlichten Meinung kein besonderes Interesse besteht. Die Autorin Stephani ist nicht männerfeindlich. Die letzte Schlagzeile "Männer haben schlechten Sex" allerdings schon. Das ist es, was frau hören will.
Indem man den "normalen", einheimischen Frauen eintrichtert, dass sie höchstpersönlich mit ihrer Neinsagerei, ihren Stimmungsschwankungen und den nachträglichen Schuldzuweisungen Schuld sind, dass es Puffs überhaupt gibt?
Wenn man nicht aufgekocht bekommt, und ständig selber kochen eintönig wird, dann geht man halt mal ab und zu ins Gasthaus.
- Frauen sind immer Opfer, Männer immer Täter (nicht dass mich das sonderlich überrascht hätte).
- die schlechtes-Gewissen-Nummer funktioniert auch noch nach mehreren Jahrzehnten, und auch wenn die Frau aus dem Ereignis Vorteile gezogen hat.
- die einzige Möglichkeit, als Mann aus einer Begegnung mit Frauen niemals einen Nachteil zu ziehen, ist diese nicht stattfinden zu lassen oder Dalai Lama zu heissen.
__________________ Things fall apart, the centre cannot hold, mere anarchy is loosed upon the world.
Ihr erstes (?) Interview in der FR vom 13.10. ist IMHO am reflektiertesten & ehrlichsten.
Da sieht man aber schön wer in welcher Reihenfolge von den Journalisten auf den "Zug aufspringt" (Buchmesse?) ... wer mit welcher Schlagzeile aufmacht und wie sich ein Teil ihrer Aussagen je nach Leserschaft des Blattes ändert oder durch den Prozess der Interviews / Fragestellungen verändert wird ...
N-TV: 12.10.
FR: 13.10.
Berliner MoPo: 13.10.
taz: 15.10.
Focus: 17.10.
SZ: 20.10.
Berliner Kurier: 20.10.
Welt: 20.10.
Zeit (ze.tt): 22.10.
Können Sie das „Symptom einer Gesellschaft“ erläutern?
Das kann man mit einem Kopfschmerz vergleichen. Da kann ich mein Leben lang Aspirin einwerfen oder mir ganz deutlich anschauen, in welchen Situationen die Kopfschmerzen auftreten und sie so bekämpfen. Statt an den Symptomen herumzudoktern, wäre es sinnvoller, die Ursachen der Dinge zu untersuchen. Prostitution wird nicht von den bösen Freiern oder dem männlichen Sexualtrieb verursacht, sondern von einer Gesellschaft, die ihren Kindern nicht beibringt, sich richtig zu begegnen. Die sexuellen Missverständnisse zwischen Männern und Frauen werden von Generation zu Generation weitergegeben. Dadurch entsteht der Eindruck, dass Männer auf diese Art und Frauen auf eine andere Art sexuell gestrickt seien. Und um das irgendwie auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen, müssen wir sozusagen einige Frauen opfern, damit alle anderen davon verschont bleiben.
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"Wir leben nur, um Schönheit zu entdecken. Alles andere ist eine Art des Wartens."
Khalil Gibran
Ein wichtiger Aspekt sticht schon heraus. Das Thema Prostitution muss viel differenzierter gesehen werden als es uns die Mainstream Medien alà Tatort und haste nicht gesehen, weiß machen wollen. Daher kann das Buch durchaus einen wichtigen Debattenbeitrag dazu leisten.
Danke für den Link, Mr.cock, der Artikel bietet mehr Hintergrundwissen. Wegen der zehn Jahre: Ich vermute mal, ihre Körpergefühl-Kurse laufen nicht so übermäßig gut. So ein Buch ist da eine glänzende Promotion. Ist nichtmal in einem besonderen Verlag erschienen, und sie hat sich wohl sogar von einer Ghostwriterin helfen lassen. Dann macht sogar der reißerische Spruch Sinn: wenn Männer "so schlechten Sex" haben, dann ist es sicher höchste Zeit für einen Kurs bei Frau Stephani in Tantra und Slow Sex.
Ja die Frau ist scheinheilig, wenn man zwischen ihren Zeilen liest...
Ist es Zufall, dass Sie sich nach 10 Jahren offenbart? Sprich, war sie steuerlich angemeldet oder hat sie sich alles schwarz in die Tasche gesteckt
Sie arbeitete im Kamilaa Dee. Inzwischen ja geschlossen... https://ze.tt/warum-diese-frau-zwei-j...rkett.teaser.x