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Alt  28.08.2017, 23:45   # 1
William Masters
Sexologe
 
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William Masters ist offline
Ich gehöre ihm! und: Kukolka!

Dauernd erwischt man die Meinungsmedien dabei, wie sie den gleichen ideologischen Stiefel durchs Dorf treiben. Auch wenn Frau Schwarzer inzwischen nicht mehr satisfaktionsfähig ist, taucht das Thema doch mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder in den Medien auf. Inzwischen ist es sogar im Spielfilm angekommen und taugt für einen ARD-Themenabend. Ich muss dafür mal einen neuen Thread aufmachen. Ist immerhin zugleich ein Filmtipp: wer am Mittwochabend noch nichts vorhat:

Ich gehöre ihm. Fernsehfilm Deutschland 2017

Caro ist ein ganz normaler Teenager, mitten in der Pubertät, unzufrieden mit ihrem Körper und unsicher in Bezug auf Jungs. Bis sie eines Tages zufällig auf Cem trifft, der sie mit seiner lockeren, leidenschaftlichen Art sofort begeistert. Doch was zunächst als harmlose und gewöhnliche Teenager-Romanze beginnt, mündet schon bald in einen bodenlosen Abgrund.

Was Caro nicht weiß: Cem ist ein Loverboy. Loverboys treiben junge Mädchen in die emotionale Abhängigkeit, nutzen ihre Schwächen und Unwissenheit aus und schleichen sich mit Komplimenten und Geschenken in ihr Herz und ihr Leben. Als sich Caro unsterblich und bedingungslos in Cem verliebt hat, wendet sich das Blatt. Aus dem anfänglich lieben und netten jungen Mann wird eine Gefahr für Caro.

Mit perfider Manipulation gelingt es Cem immer wieder, Caro um den Finger zu wickeln, bis sie schließlich für ihn anschaffen geht. Caro gleitet immer tiefer in einen Strudel aus Gewalt und Prostitution, aus dem sie sich von selbst nicht mehr befreien kann. Zunächst ahnen nicht mal Caros Eltern, in welcher Situation ihre Tochter steckt, denn Cem achtet darauf, dass Caros Leben ganz normal weiter geht.

Tagsüber geht sie zur Schule, nachmittags auf den Strich und abends ist sie pünktlich zum Abendessen zu Hause. Sogar als ihre Eltern Cem persönlich kennen lernen, schöpfen sie keinen Verdacht. Sie bemühen sich, auch während der sensiblen Phase der Pubertät ein gutes Verhältnis zu ihrer Tochter aufrechtzuerhalten. Umso schlimmer bricht es über sie herein, als ihnen bewusst wird, was mit ihrer Tochter passiert. Während sich Caro immer weiter von ihnen entfernt, bleiben Caros Eltern hilflos und überfordert zurück.
Das ist natürlich alles sehr gut gemeint. Die Hauptdarstellerin beschreibt, welche Szene ihr beim Drehen am schwersten gefallen ist:
Relativ schwierig war, wie Caro ihrem ersten Freier gegenübersteht. Er zieht sich aus, spricht zu ihr wie ein Kind, kommt langsam auf sie zu und sagt: "Hast du ihn schon mal in den Mund genommen?" Caro weicht zurück, bis sie an der Wand nicht mehr weiterkann.
Das ist also die Realität der Prostitution, wie sie der zeitgenössische Spielfilm 2017 und der ARD-Themenabend porträtiert. Chapeau!

Wer sich dagegen mehr für Literatur interessiert, dem sei folgendes ans Herz gelegt:
Lana Lux: Kukolka. Aufbau Verlag 2017
Dreizehn Jahre alt, drei Freier täglich


In der Ukraine lebt sie auf der Straße, muss betteln, später in Deutschland anschaffen gehen. Lana Lux schreibt in ihrem Debüt über Menschenhandel und Zwangsprostitution - so real, dass es schmerzt.

Autorin Lana Lux wurde 1986 in der Ukraine, geboren, sie zog mit ihren Eltern als Zehnjährige nach Deutschland. "Kukolka" ist ihr erstes Buch, die Figur Samira fiel ihr ausgerechnet während eines VHS-Kurses zum Thema "Kinderbuch" ein. Über ihr eigenes Buch sagt sie: "Am Anfang ist dieser Mensch ein kleines nacktes Baby. Doch was passiert mit ihm? Niemand wird als Kanzlerin geboren und auch nicht als Prostituierte. Es sind viele kleine Schritte, die man geht, oder man wird geschubst."

Lana Lux fühlt sich mit viel Empathie in ihre Protagonistin. Was "Kukolka" an vielen Stellen so traurig macht, ist die Nüchternheit, mit der Lana Lux die Abgründe beschreibt - aus der Sicht eines Kindes, das bereits völlig abgestumpft ist von der ganzen Gewalt, dem sexuellen Missbrauch, vom Tod. Denn auch er ist allgegenwärtig. Immer wenn Kukolka eine Beziehung zu einem Mädchen aus der Gruppe aufbaut, stirbt es oder wird ermordet. "Ich wusste, dass jeder irgendwann dran ist. Und das irgendwann in Wirklichkeit jederzeit bedeutet."

Zu schön, um wahr zu sein

Dann tritt Dima in ihr Leben, ein schöner Mann mit roten Rosen und vielen Versprechen. Ein Wunder, denkt sie. Zu schön, um wahr zu sein, denkt der Leser. Bald schon lebt sie mit ihm in Berlin. Deutschland ist das Land ihrer Träume, und sie ist so verliebt, dass sie nicht merkt, wie er sie benutzt. Es ist nicht schwer, sie zu beeindrucken, ist sie doch in Armut aufgewachsen. So staunt sie über eine Mikrowelle, eingeschweißten Käse, Kartoffelchips. Was für die meisten Menschen selbstverständlich ist, ist für Kukolka sehr besonders: der Apfelduft eines Duschgels, das Schäumen von Zahnpasta oder "Erdbeergeschmack im Winter".

Doch Dima ein Zuhälter, der junge Frauen manipuliert, richtet sie allmählich als Prostituierte zu. Als Kukolka dreizehn Jahre alt ist, hat sie bereits drei Freier täglich, ihr vierzehntes Lebensjahr wird von Tabletten vernebelt. Ihre vielen bildhaften Beschreibungen hämmern sich in den Kopf des Lesers: "Ich wurde so ein bisschen wie unsere Waschmaschine. Ganz viele Programme, alle laufen automatisch ab." Doch die Frage ist: "Wo kommt der ganze Dreck hin?"

Die Antwort ist simpel. Während sich Männer an ihr aufgeilen, abreagieren und bereichern, zerstört "der Dreck" ihren Körper und ihre Psyche. Er macht Mädchen wie Kukolka kaputt, stößt sie über den Rand der Gesellschaft, wo sie als Drogenwracks, Zukunftslose enden - wenn Ihnen niemand hilft. Die Mädchen haben keine Pässe, kein Geld, keine Kontakte zur Außenwelt. Sie sind anonyme Frauen hinter Autoscheiben oder Fensterglas, Bestellware im Internet. "Dass ich einfach da bin, so wie Kakerlaken", sagt Kukolka. "Niemand weiß, wo die herkommen. Niemand braucht sie."

Mehr Maschine als Mensch

Im dritten Teil verkauft Dima sie an eine "Agentur". Lana Lux schildert jetzt nicht mehr einzelne Szenen - denn es wären einfach zu viele. Alles wird abstrakter: Männer sind "brutale Monster", die mit Kukolka "machen, was sie wollen", ihr ganzer Körper, ein Schmerz. Damit zwingt sie den Leser, die offenen Stellen mit Fantasie aufzufüllen. Wer sind diese Seelenzerstörer, die anderen so etwas antun?

Als Prostituierte in Deutschland hat Kukolka zehn bis zwanzig Männer pro Tag, ist nun mehr Maschine als Mensch. Nach ein paar Monaten kann sie nicht mehr sitzen, weil ihr Unterleib zerfetzt ist, bekommt Panikattacken von den vielen Drogen. Sie ist jetzt fünfzehn Jahre alt. "Dieser furchtbare Körper mit zu vielen Öffnungen. Ich wollte meinen Körper in eine unzerstörbare Plastikfolie einschweißen, so wie alles Wertvolle in Deutschland eingeschweißt wird."

An ein gutes Ende der Geschichte glaubt man da längst nicht mehr. Der Lichtstrahl am Ende des Tunnels wird kleiner und kleiner, Dunkelheit. Fast.
Sehr attraktive Autorin übrigens, und das Pseudonym könnte direkt aus dem Gewerbe stammen, auch wenn die Romanhandlung vollständig erfunden ist. Der Roman wird gerade intensiv promoted und gelobt, oben vom Spiegel, aber z.B. auch hier:
Lana Lux liest aus ihrem grandiosen Erstlingswerk "Kukolka"

Mittwoch 04.10.2017 um 20:00 Uhr
Backfabrik Clinker Lounge
Saarbrückerstr. 36 a Deutschland-10435 Berlin
Tickets ab 9,70 €
Einfach mal googeln.
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