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Alt  16.02.2011, 13:38   # 38
kegelbua
...stellt nix mehr auf
 
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kegelbua ist offline
Ja macht nur einen Plan

Zitat von Robert Burns
The best-laid schemes o' mice an' men
Gang aft agley,
An' lea'e us nought but grief an' pain,
For promis'd joy!
Hier sollte jetzt eine meisterlich komponierte Hexenbeichte hinkommen, unter dem beziehungsreichen Titel "Der Kreis schließt sich - mit Olivia". Genial hatte ich es geplant. Ende Januar war sie angekündigt, und ich konnte (mit etwas Glück und etwas Voraussicht) einen fälligen Arzttermin auf den Montag, um halb fünf Uhr legen. Erzählt habe ich allerdings, der Termin wäre um halb drei, damit ich mich ganz offiziell bereits um zwei Uhr vom Job abseilen konnte, und um halb drei wär ich dann in DAH gewesen. Ein Stündchen mit Olivia, und danach wäre noch genügend Zeit, um den Termin beim Onkel Doktor einzuhalten.

Ich bin Schweinchen Schlau, gell?

Am Donnerstag verkündet die beste Ehefrau von allen: "Ich brauch Montag früh das Auto, hab einen Termin beim Arzt." Oh, wie schön. Öhm. Kann die nicht mit den öffentlichen - - ? Aber es ist um viertel nach acht, und ich brauch's ja erst zu mittag... "Und weißt Du was, ich hol Dich dann von der Arbeit ab, und Du bringst mich heim und kannst dann gleich weiter fahren." - "Nee", sag' ich, da fahr ich lieber mit'm Bus, mach Dir mal kein' Streß." Blitzschnell spult sich in meinem Hirn ein Fahrplan ab - jawohl, das geht, fahr ich eben eine Stunde früher mit U- und S-Bahn, wär ja nicht das erste Mal. "Nein nein, nimm nur das Auto", sagt zuvorkommend die Gute, "hol's Dir eben dann um viertel vor zwei daheim ab." (Hab nicht so weit vom Job nach Hause, nur zwei Haltestellen.) Also gut, die Gattin hat immer Recht, und dann fahr ich eben eine halbe Stunde früher, hol noch frische Krapfen für die Mädels, deponiere sie listig in der Tiefgarage im Auto, laß mich dann um zwanzig vor zwei ganz entspannt beim Weibi sehen, geb' noch Pfötchen und Küßchen, und rausch' dann um zehn vor zwei davon, damit ich trotz Schneetreibens noch rechtzeitig zu meinem rothaarigen Date aufscheine.

So weit alles klar? Noch Fragen?

Aber der Mensch denkt, und seine Frau lenkt. Bis zu den Krapfen im Kofferraum hat's geklappt wie am Schnürchen. Und dannnnn - betrete ich die Wohnung, man sitzt bei Tee und Krapfen um den Eßtisch, und meine Gemahlin bietet mir zum Willkommen eine Tasse Tee, "Willst Du einen Krapfen dazu? Ja, und ich muß Dein Kind zu ihrer Freundin fahren, da setz ich Dich beim Arzt ab und fahr dann gleich weiter."

Wie bitte?

Eine bestialische Wut wallt in mir hoch. Ganz schlecht ist mir. Man sieht mich etwas besorgt an, anscheinend sind mir die Gesichtszüge einen Moment lang ICE-mäßig entgleist, muß etwas von "Ärger im Job" murmeln, damit meine Reaktion nicht auffällt... Hätte die dusslige Kuh mich nicht einfach mit dem Bus fahren lassen können? Jetzt ist es zu spät. Aus dieser Ecke, in die ich mich mit meiner verfluchten Schlauheit und mit tatkräftiger Unterstützung meiner alles besser wissenden Ehefrau gepinselt habe, komm ich nicht mehr raus. Ich kann gerade noch die Krapfen aus'm Auto rausmogeln und im Keller verstecken. Und mein Telefon hat sie auch eingesteckt, sodaß ich nicht mal das Date rechtzeitig absagen kann. Das Weib hätte mir die Tour nicht geschickter vermasseln können, wenn sie meine Pläne gekannt hätte. Wenn ich nicht genau wüßte, was für ein Gutmensch meine Frau ist, und daß sie niemals imstande wäre, mir absichtlich so einen Streich zu spielen... Moment mal. In letzter Zeit klebt sie ziemlich an mir. Kaum eine unbeaufsichtigte Stunde hatte ich in den vergangenen zwei Wochen. Sie wird doch nicht...?

Aber das ist mir jetzt auch schon wurscht, ich muß die zwei Stunden "geschenkter" Zeit bis zum vereinbarten Termin irgendwie rumbringen, mache einen ausgiebigen Spaziergang durch den leise fallenden Schnee - ich koche dermaßen, daß keine Flocke auf mir liegenbleibt, sie verdampfen schon, bevor sie auf mir landen...

Wenigstens hat der Doc Erbarmen mit mir, ich bin zwar 90 Minuten zu früh, aber er schiebt mich tatsächlich irgendwie schon um halb vier dazwischen.

Und die Gelegenheit für diese Woche ist verblödelt. Des is doch zum senkrecht in d'Höh scheiß'n!
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Die eingangs zitierten Zeilen stammen aus dem Gedicht "To A Mouse, On Turning Her Up In Her Nest With The Plough" des schottischen Nationaldichters Robert Burns. Es gibt leider keine gute Übersetzung ins Deutsche, nicht einmal eine ins Englische, wenn man den Schotten glauben darf.

Ferdinand von Freiligrath hat sich daran versucht:

Was Mäus' und Menschen fein gesponnen,
Geht scheitern oft,
Und läßt uns Gram nur statt der Wonnen,
Die wir gehofft!

Eine neuere Übersetzung von L.G. Silbergleit wirkt ebenso unbeholfen:

Der beste Plan von Maus und Mann
gelingt oft nicht,
und Leid und Kummer bringt uns dann
was Lust verspricht.

Lassen wir's dabei bewenden, daß mein volles Mitgefühl dem Mäuschen gilt!
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Eine Woche später erzählte ich Petra die Geschichte, und daß mich das immer noch wurmt. Sie sah mich traurig an, schüttelte den Kopf und sagte: "Deine Sorge möcht ich habbe." Und da schämte ich mich sehr.
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Ein Mensch sollte können: Windeln wechseln, Invasionen planen, Schweine schlachten, Schiffe steuern, Gebäude entwerfen, Sonette schreiben, Bilanzen führen, Mauern bauen, Knochenbrüche richten, Sterbende trösten, Befehle ausführen, Befehle erteilen, im Team arbeiten, selbständig handeln, Gleichungen lösen, kreativ denken, Mist schaufeln, Computer programmieren, ein gutes Essen kochen, gut kämpfen, tapfer sterben.
Spezialisierung ist für Insekten. (R.A.Heinlein)

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Danke von