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Alt  23.12.2016, 12:51   # 60
kuching
Immer auf der Jagd
 
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The Knick - Steven Soderbergh

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Es hieß immer: wenn Steven Soderbergh ruft, dann kommen die Stars. Zu bewundern in vielen seiner Filme, sei es die Ocean´s Trilogy, Traffic, Out of Sight, Contagion, Erin Brokovich, die beiden Filme über Che Guevara, Haywire usw. Ich weiß noch gut, wie stark mich sein erster Flim, „Sex, Lies and Videotapes“ im Kino beeindruckt hat. Er sagte, er wolle sich vom Kino zurückziehen, zu sehr seien die Arbeitsbedingungen belastend und die Diskrepanz zwischen den Künstlern und den Produzenten würden immer größer.

Nun also „The Knick“, eine zehnteilige Fernsehserie, von der es bisher 2 Staffeln gibt und die erste lief vor kurzem wieder einmal im ZDF, spät in der Nacht.

The Knick, das ist das Knickerbocker Hospital in NYC, Downtown, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Ärztekunst noch wie die Arbeit in einer Metzgerei aussah und genauso sind auch die Bilder aus den vielen Szenen im Operationssaal. Also nichts für schwache Nerven, die Kamera bleibt drauf, kein verschämtes Wegsehen…

Dr. John W. Thackery, gespielt von Clive Owen, ist der Chefarzt im Klinikum, der sich gerne abends in einer Opiumhöhle zudröhnt und ansonsten ebenso gerne wie zwanghaft kokst. Kokain war damals Betäubungsmittel und Schmerzmittel zugleich und eben auch noch in der Coca-Cola enthalten, wie eine sehr schöne und dramatische Sequenz später einmal zeigt. Wirtschaftliche Schwierigkeiten hat das Krankenhaus aufgrund seiner „ungünstigen“ Lage Downtown, Reiche und Wohlhabende ziehen weg nach Uptown. Die Krankenhausverwaltung, im Wesentlichen dargestellt von Jeremy Bob als Herman Barrow, hat also veritable Schwierigkeiten. Der Krankenhausmarkt war also auch damals schon eine Art Wilder Westen (was heute in den USA auch nicht anders ist): fressen und gefressen werden. Ein weiterer Nebenstrang ist das Engagement von Dr. Algernon Edwards (André Holland), der zwar Absolvent der Harvard-University ist, aber eben auch schwarz und der heimlich im Untergeschoss des Knickerbocker Schwarze umsonst behandelt, die sonst keine Chance auf eine anständige Genesung hätten.

Wie in jeder guten Serie, hängt die Lust am weiteren Anschauen immer auch von den Nebensträngen ab, die hier gern etwas ausführlicher hätten sein können, aber dennoch den Reiz der Serie erst ausmachen. Da gibt es viele sehr schöne Sequenzen, sowohl hart wie auch zart. So zum Beispiel, als die heimliche Geliebte von Edwards standesgemäß heiratet und er in einer Art Selbstgeißelung den Boxkampf mit einem ungleich größeren und stärkeren Gegner sucht um wie erwartet beinahe „vernichtet“ zu werden.

Es ist teilweise der blanke Irrsinn, der da noch durch die Therapien wabert. Einer Geisteskranken werden alle (gesunden) Zähne gezogen, um somit Bakterien und Sepsis vorzubeugen… Generell nimmt die Serie in der letzten Folge nochmal so richtig Fahrt auf: der Wahnsinn geht wiederum auf die Überholspur und endet mit einem genialen Cliffhanger:



Achtung Spoiler!!!

Dr. Thackery begibt sich endgültig in eine Entzugstherapie. Der behandelnde Arzt erklärt ihm, dass er den Entzug mit einem neuen Medikament von Bayer begleiten wird, das die schlimmsten Folgen abmildern soll: „Das Medikament ist von Bayer, die auch Aspirin erfunden haben, Sie brauchen sich also keine Sorgen machen…“ Die Kamera zeigt einen zufrieden einschlafenden Thackery und schwenkt dann auf das kleine Fläschchen auf dem Nachttisch, zoomt heran, bis die Schrift zu lesen: Heroin. Blende und aus…

Spoilerende!!!



Ich kann die Serie uneingeschränkt empfehlen: Ausstattung, Kamera, Schauspieler, Geschichte mit Nebensträngen – alles erste Sahne.

Damit kann man auch wieder den Bezug herstellen zu meinem Eingangsposting. Serie ist – sofern mit hohem Anspruch an Qualität hergestellt – mittlerweile zu einer echten Alternative zu Kino geworden, mit dem Unterschied, dass man hier und jetzt einfach Zeit hat gute Geschichten zu erzählen. Und die Kino-Regisseure kommen zum Fernsehen…

Mit einem Augenzwinkern und etwas Phantasie könnte man „The Knick“ als so etwas wie das Prequel zu „Dr. House“ sehen, die m.E. nach die Mutter aller Klinikserien ist und imho sowieso (fast) unerreichbar scheint.

https://www.youtube.com/watch?v=08V4RHGuGqE

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