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Alt  15.04.2016, 13:52   # 430
Puk
Lustgeist
 
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Puk ist offline
Behördenwillkür u. Rechtsbeugung

"Den Weg, über das Geld, über Steuerbetrug und Hinterziehung von Sozialabgaben an einen Fall ranzugehen, sind wir zuvor noch nicht gegangen", sagte Oberstaatsanwalt Andreas Behm.
(https://www.abendblatt.de/vermischtes...t-Bordell.html)

Allein diese dummdreiste Behauptung zeigt doch, wie seitens der Behörden mit der Wahrheit umgegangen wird.
Diese Vorgehensweise gegen die Rotlichtbranche ist seit Jahrzehnten bundesweiter Standard der Ermittlungsbehörden. Das war schon 2001 so, als bei einer Großrazzia halb München auseinandergenommen und anschließend dem Dicken Fritz und seinen Freunden der Prozess gemacht wurde. Das Augsburger Colosseum kann ebenso ein Lied davon singen, wie Jürgen Rudloff, in dessen Paradise vor etwas über einem Jahr genau die gleiche Scheiße ablief (https://www.stuttgarter-nachrichten.d...3cf0eec55.html) - um mal nur 3 von dutzenden vergleichbarer Fälle der letzten Jahre zu nennen.

Herausgekommen ist bei der Argumentationskette "Scheinselbstständigkeit - Sozialbetrug - Steuerhinterziehung" allerings noch so gut wie nie etwas - obwohl die Ermittlungsbehörden unmittelbar nach den Razzien stets das Maul recht voll nahmen. Und das ist auch nicht weiter verwunderlich, da diese Argumentation juristisch schlicht nicht haltbar ist. Wenn überhaupt, dann landet man mit den üblichen Argumenten (Öffnungszeiten, etc.) nämlich nicht bei "Scheinselbständigkeit", sondern lediglich bei "Arbeitnehmerähnlicher Selbständigkeit". Ein kleiner aber erheblicher Unterschied. Lohnsteuer fällt dann nämlich schon mal gar keine an - ergo auch keine Steuerhinterziehung. Und bei arbeitnehmerähnlicher Selbständigkeit wird lediglich der arbeitnehmerähnliche Selbständige (in diesem Falle also die Hure und NICHT der Club) rentenversicherungspflichtig (keine sonstigen Sozialabgaben und keine 50:50-Teilung mit dem AG). Ergo löst sich dadurch auch der strafrechtliche Vorwurf des Sozialversicherungsbetruges in Nichts auf. Und genau so wird's auch im Falle Artemis unter'm Strich ausgehen.
Dass die Staatsanwaltschaft vor dem Hintergrund dutzender gleichgelagerter Fälle aus dem letzten Jahren und den daraus vorliegenden rechtlichen Erkenntnissen dennoch die Dreistigkeit besitzt, so massiv in einen Gewerbebetrieb einzugreifen - wohlwissen, dass sie damit vor Gericht nie und nimmer durchkommen wird - zeigt, wie es um den Rechtsstaat hierzulande bestellt ist. Rechtsbeugung und Behördenwillkür wohin das Auge blickt.

Juristisch brauchen sich die Artemis-Verantwortlichen also wohl keine allzu großen Sorgen machen (jedenfalls nicht bzgl. des Hauptvorwurfs Steuerhinterziehung/Sozialbetrug). Wirtschaftlich ist so ein massiver Eingriff aber natürlich ein Schlag ins Kontor - und den finanziellen Schaden, der in die Millionen gehen dürfte, wird ihnen niemand ersetzen.

Fazit: Wieder einmal ein Fall von politisch motiviertem Mißbrauch des Rechtsstaates und eine weitere Peinlichkeit des Berliner Senats, die geeignet ist, die Bundeshauptstadt international lächerlich zu machen.
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