Thema: AFD
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Alt  05.02.2018, 17:42   # 742
Yannik
Rastafari
 
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Yannik ist offline
Habe den "Danke-Button" deswegen angeklickt, weil du wenigstens einer (der wenigen) bist, der sich die Mühe macht sachlich zu argumentieren
Die Positionen hier in diesem Faden sowie auch in unserer Gesellschaft stehen sich nicht wirklich freundlich gegenüber. Das macht eine Diskussion sehr schwierig, und solange man sich gegenseitig in Schuldzuweisungen übertreffen möchte, solange man nur polarisieren und provozieren möchte, so lange wird auch keine wirkliche Diskussion über Themen, die tatsächlich die meisten Menschen in unserem Land bewegen, möglich sein. Ich hingegen möchte, dass ich verstanden werde und deshalb ist für mich die Grundvoraussetzung dafür, dass ich verstanden werde, mein Gegenüber zu verstehen.

Mit einigem, was die AfD vorschlägt, kann ich mich auch anfreunden, sie sprechen Probleme an, die absolut nicht wegzudiskutieren sind und die auch nahezu jeden bewegen. Allerdings, und das ist für mich der springende Punkt, nicht auf eine Art und Weise mit der ich mich identifizieren kann. Vieles hingegen, was die AfD auf der Agenda hat, steht in krassem Gegensatz zu dem, was für mich ein Zusammenleben erstrebenswert macht, und deshalb ist die AfD für mich nicht wählbar. Ich kann zwar nur für mich sprechen, aber ich denke, es gibt viele Menschen in Deutschland, die sich, genau wie ich, alles andere als eine Fortsetzung der GroKo wünschen. Auch ich würde mir wünschen, dass wir mit dem Flüchtlingsstrom weniger Probleme hätten als es in Wirklichkeit der Fall ist. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert und die AfD für mich keine Alternative.

In einer pluralistischen Gesellschaft, in der wir nicht erst seit zwei oder drei Jahren leben, gibt es einfach Grundvoraussetzungen, damit ein Zusammenleben überhaupt erst funktionieren kann. Zwei davon sind die politische Korrektheit und der Minderheitenschutz. Beides, und ich denke dafür muss ich keine Quellen nennen, sind nicht unbedingt Markenkern der AfD, für mich hingegen schon. Des weiteren versuche ich, nicht zu pauschalisieren, zu verallgemeinern, sondern im Gegenteil, ich versuche jeden Menschen als eigenständig zu betrachten. Und wenn ich einen dunkelhäutigen Menschen nicht mag, dann nicht weil er dunkelhäutig ist, sondern weil dieser bestimmte Mensch halt einfach ein Arschloch ist. Und wenn ich dann den nächsten dunkelhäutigen Menschen kennenlerne, dann gebe ich mir Mühe ihn auch wirklich kennenzulernen ohne daran zu denken, dass der andere Dunkelhäutige, den ich kennengelernt habe, ein Arschloch war. Ich weiss aber auch, dass es unglaublich schwer ist, wenn man mal mehrere Arschlöcher kennengelernt hat, die zufällig auch noch die gleiche Hautfarbe, Religion, Abstammung oder sonstwas haben, weiterhin zu differenzieren und nicht alle über einen Kamm zu scheren, aber die Mühe mach ich mir einfach. Das macht das Zusammenleben wesentlich einfacher, zumindest für mich und die Menschen mit denen ich zu tun habe. Ebenfalls etwas, was nicht unbedingt mit den Botschaften der AfD einhergeht.

Aber letztendlich sagst sogar du selbst, dass "man einiges, was der alte Mann sagt, durchaus nachvollziehen kann", immerhin!
Natürlich kann ich das, es muss ja nicht unbedingt alles immer falsch sein, nur weil es jemand ausspricht oder jemand für sich in Beschlag nimmt, der anders denkt als ich. Die Schwierigkeit an der momentanen politischen Situation und an unserer Diskussionskultur ist doch, dass wir unseren Gegenübern nicht mehr zuhören, dass wir gar nicht verstehen wollen, was der andere gerade meint, eben weil es vom anderen Lager kommt. Und weil man dann eventuell auch sein eigenes Weltbild mal überdenken müsste. Gilt allerdings für beide Seiten.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass unser Land ein offenes Land bleiben sollte, wir leben doch schon seit einer geraumen Zeit, also viel, viel länger als nur drei Jahre mit Zuwanderern aus aller Herren Länder hier in Deutschland zusammen. Wenn ich beispielsweise die Gymnasialklasse (Mittelstufe) meiner Tochter anschaue, so sehe ich, dass etwas mehr als die Hälfte der Schüler keine rein deutschen Wurzeln haben. Trotzdem hat diese Klasse einen unglaublichen Zusammenhalt, und wenn sie sich privat in Gruppen treffen, dann ist dies bunt gemischt, eine Tatsache, die sicher dem ein oder anderen Foristen in diesem Faden sauer und übel aufstösst. Für die Jugendlichen dieser Klasse spielt das hingegen überhaupt keine Rolle. Und ich bin mir sicher, dass die Freundschaften und auch das Netzwerk, das sich später einmal aus dieser Klassengemeinschaft bildet, auch nicht anders ist, als meines, das aufgrund meiner damaligen Klassengemeinschaft zum allergrössten Teil aus sogenannten Biodeutschen besteht.

Natürlich muss ich dazu sagen, dass die Schüler einer fortgeschrittenen Gymnasialklasse durchweg aus bestens integrierten Familien stammen, Familien, die sich zurecht als mittlerweile Deutsch bezeichnen dürfen, obwohl sie nicht von hier stammen. Also ist für mich das Wichtigste, dass die Menschen, die hierher gekommen sind, schnellst- und bestmöglich integriert werden. Grundvoraussetzung dafür ist, aus meiner Sicht, ein vernünftiges Einwanderungsgesetz, das genau selektiert, mit welchem Menschen es Sinn macht und welcher Mensch keinerlei Aussicht hat in Deutschland Fuss zu fassen. Und das sehe ich durchaus losgelöst von der aktuellen Flüchtlingssituation, die einfach handwerklich schlecht moderiert wurde. Aber auch um dies zu ändern ist die AfD aus meiner Sicht keine Alternative, auch wenn sich Ansätze in ihrem Programm finden, die durchaus brauchbar wären um die Situation für alle, also Deutsche, Zuwanderer und Flüchtlinge, zu verbessern. Ich selbst finde mich in der aktuellen Parteienlandschaft nicht wirklich wieder, am ehesten noch bei CSU oder FDP, aber auch dort finde ich kein Konzept, das mich restlos überzeugt.

Und um jetzt auch noch die Kurve zu kriegen und nicht ein komplettes Buch hier zu verfassen mach ich jetzt einfach Schluss für heute und stelle diesen Text mal zur Diskussion, vielleicht schaffen wir es ja wieder, gerne auch emotional, aber dennoch fair und offen miteinander zu diskutieren ohne gleich wieder in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. Vielleicht schaffen wir es ja, miteinander zu diskutieren ohne den Gegenüber gleich wieder mit Schimpfwörtern zu belegen, in einem politisch korrekten Ton, nicht provozierend und vielleicht schaffen wir es ja auch, den jeweiligen Gegenüber zu verstehen und seinen Standpunkt zu begreifen. Ich weiss, ein frommer Wunsch.

Und um Dir, lieber Ali, die Antwort nicht schuldig zu bleiben zu folgender Frage:

Aber dennoch bitte ich dich, mir nochmal zu zitieren, wo/wann/wie genau sich B.Höcke gegen eine Aufarbeitung des Holocaust ausspricht
Seine mittlerweile (leider) sehr bekannte Dresdner Rede dreht sich, zumindest gegen Schluss, darum, ein Ende der Erinnerungskultur zu fordern und er prangert das sogenannte "Denkmal der Schande" an. Ich zitiere:

„Wir Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“
„Diese dämliche Bewältigungspolitik“, so sagte Höcke, „die lähmt uns heute noch. Wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad. Wir brauchen keine toten Riten mehr.“
Das lässt für mich nicht viel Interpretationsspielraum, trotz aller nachfolgenden Relativierungsversuche. Ein, aus meiner Sicht, recht guter Artikel darüber erschien in der Welt-online, der Link dazu ist angehängt, und wer sich das komplette Geschwurbel dieses, und das ist meine ganz persönliche Meinung, die muss auch nicht geteilt werden, rechtsradikalen Volksverhetzers tatsächlich nochmal in voller Länge durchlesen möchte, der Link dazu ist ebenfalls angehängt.

https://www.welt.de/politik/deutschl...-bezweckt.html

https://www.tagesspiegel.de/politik/h...73518-all.html
Danke von